Leverkusen "Schwitzen statt Sitzen" spart 200.000 Hafttage
Leverkusen · Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann, muss ersatzweise in Haft. Das belastet die Steuerzahlergemeinschaft. Doch das Projekt "Schwitzen statt Sitzen" will Abhilfe schaffen. Bald auch verstärkt in der Region Leverkusen/Köln.
Zugegeben: Es klingt wie die Werbung für ein Fitness-Studio, und zweifellos sind die Teilnehmer am Ende des Tages auch erschöpft. Doch "Schwitzen statt Sitzen" ist keine Sportveranstaltung, sondern eine Gemeinschaftsaktion des Landes, der Kirche und verschiedener Sozial- Verbände, die gemeinnützige Arbeit als Strafersatz möglich machen will.
In einigen Regionen des Landes läuft das Projekt schon länger, und die Zahlen sprechen für sich: 200.000 Hafttage hat Nordrhein-Westfalen dadurch bereits eingespart, wie ein Sprecher von Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) unserer Redaktion mitteilte. Kein Wunder also, dass die zunächst im Großraum Duisburg intensiv gelebte Kooperation jetzt auch auf den Leverkusener und Kölner Bereich ausgedehnt wurde. In den Vollzugsanstalten des Landes sitzen pro Jahr im Schnitt rund 35.000 Häftlinge. Davon etwa 6.000, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlt haben, zu der sie wegen minderschwerer Delikte verurteilt wurden - wie beispielsweise Ladendiebstahl, kleine Betrügereien oder "Schwarzfahrten". Viele können diese Geldstrafen aber nicht bezahlen, selbst wenn es nur 30 Tagessätze à zehn Euro sind. Wenn die Verurteilten nicht zahlen, müssen sie aber nach dem Gesetz zur sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe in Haft. Und das ist teuer. Etwa 133 Euro .kostet ein Häftling das Land, betont der Ministeriums-Sprecher. "Und etwa 1100 bis 1200 Häftlinge täglich könnten gemeinnützige Arbeit tun, statt einzusitzen."
Kutschaty, Pfarrer Antonius Hamers, Direktor des Katholischen Büros der Bischöfe, und Diözesan-Caritasdirektor Frank Hensel hatten in der Düsseldorfer Staatskanzlei eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Damit sollte die Zusammenarbeit bei der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gerade im Köln-Leverkusener Raum verbessert werden. "Durch die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen werden Verurteilte unnötig aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen. Dem können die Kirchen und die Caritasverbände mit ihrem umfassenden Unterstützungsangebot entgegenwirken", sagte Kutschaty.
Vor etwa 30 Jahren beschloss die Politik, "Haftvermeidung durch Gemeinwohlarbeit" möglich zu machen. "Schwitzen statt Sitzen" wurde vor drei Jahren ins Leben gerufen - mit den bereits genannten guten Ergebnissen.
In der Erfolgsregion Duisburg wurden dieses Jahr auch konkrete Erfolgszahlen vorgelegt. Etwa 50 bis 60 Fälle bekommt die Duisburger Caritas pro Monat von der Staatsanwaltschaft benannt. Die Kontaktaufnahme mit den oftmals obdachlosen Menschen ist nicht immer einfach. Aber unterm Strich sei das Projekt absolut gelungen.
Soweit ist man im Bereich Leverkusen/Köln offenbar noch nicht. Sowohl ein Sprecher der Caritas als auch eine Sprecherin des SKM (Sozialdienst katholischer Männer) berichteten gestern auf Anfrage, sie hätten noch kein Zahlenmaterial. Aus dem Justizministerium hieß es, die Strukturen für das Projekt befänden dort noch im Aufbau.