Postskriptum Diese Woche In Unserer Stadt Seid fair zu den Ärzten am Klinikum

Leverkusen · Eine Überlastung der Notfallambulanz am Leverkusener Klinikum und ihre Folgen haben zu viel Kritik geführt - doch die ist nicht immer fair. Schuld ist das System, nicht der Arzt.

Machen wir uns nichts vor: Die meisten von uns haben schon einmal stundenlang in einer Notfallambulanz eines Krankenhauses gewartet. Bei den einen ging es schneller, die anderen mussten sich länger gedulden. Einen Fall, wie ihn jetzt die Eltern eines drei Wochen alten Säuglings in Leverkusen durchleiden mussten, möchte aber niemand erleben.

Das Klinikum schickte ein Elternpaar mit krankem Säugling um 0.30 Uhr weiter nach Solingen, weil kein Bett frei war. Da hatten die beiden schon die Hebamme kontaktiert, sowie mit verschiedenen Unterbrechungen einen kompletten Nachmittag in ärztlichen Notdienst des MediLev verbracht - und wurden immer mit dem Hinweis weitergeschickt, man sei sich nicht sicher.

Auch in der Notaufnahme des Klinikums, wo die Familie den Abend verbringen durfte, wurde das Kind ausgiebig untersucht. Der Arzt entschied, es solle stationär aufgenommen werden, aber es war kein Bett frei und so ging die Odyssee weiter. Gegen 3 Uhr wurden Mutter und Kind schließlich am städtischen Klinikum Solingen aufgenommen.

Die wichtigste Nachricht: Das Kind ist gesund - und die Eltern jedem Arzt dankbar, der sich dem Säugling gewidmet hat. Und um es noch einmal zu betonen: Auch dem Arzt am Klinikum ist in dieser Hinsicht nicht das geringste Versäumnis vorzuwerfen. Wer diesen und andere Vorfälle deshalb zum Anlass nimmt, einfach auf das Leverkusener Krankenhaus zu schimpfen und alles über einen Kamm zu scheren, dient der Sache nicht, sondern verärgert auch diejenigen, die als Mediziner vielleicht selbst unter diesen Verhältnissen zu leiden haben.

Nein, der Fehler liegt im System: Wir haben grundsätzlich eine gute Versorgung in Deutschland. Aber wir geben Gelder an der falschen Stelle aus. Es kann nicht sein, dass Krankenhäuser wie das Klinikum Leverkusen, die sogar einen Kinderarzt im Notdienst in der Nacht vorhalten, finanziell und personell dafür bestraft werden. Und doch bestätigt die deutsche Krankenhausgesellschaft: Kliniken ohne Notfallambulanz stehen sich finanziell besser.

Es kann auch nicht sein, das der niedergelassene Arztnotdienst um 20 Uhr Schluss macht, und dann doch wieder alles in den Krankenhäusern landet - plus jener Patienten, die lange auf einen Facharzttermin warten müssen und deshalb lieber gleich ins Krankenhaus gehen. Das alles trägt zur Krise bei - die Ärzte tun es nicht. PETER CLEMENT

(RP)
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