Lokalsport Auf zu großen Höhen, Weiten und Zeiten

Leverkusen · Mit zehn Sportlern gehen erfreulich viele Leichtathleten des TSV Bayer Leverkusen bei den Weltmeisterschaften an den Start, die am Samstag in Peking beginnen. Die Erwartungen sind ganz unterschiedlich.von Stefanie Sandmeier

Lokalsport: Auf zu großen Höhen, Weiten und Zeiten
Foto: Wolfgang Birkenstock

Mit 65 Sportlern ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) bei den Weltmeisterschaften vom 22. bis 30. August am Start. Mit zehn Leverkusenern kommen erfreulich viele Starter diesmal vom TSV Bayer, die größte Gruppe stellen die Stabhochspringer. Geschäftsführer Paul-Heinz Wellmann freut sich über die Breite der Disziplinen, die in China vertreten ist. "Das spricht für die Qualität unserer Trainer", sagt Wellmann, der auf eine Medaille hofft und die Aussichten der Sportler einschätzt:

Mateusz Przybylko: Nimmt nach den Hallen-Europameisterschaften an seinem zweiten großen internationalen Wettkampf in diesem Jahr teil. Mit 2,30 Metern gelang ihm die WM-Norm, seine 2,19 Meter bei den Deutschen Meisterschaften waren dem Wind geschuldet. Er soll die Titelkämpfe nutzen, um Erfahrung zu sammeln und mit einer guten Leistung eine Visitenkarte abzugeben. Mit der Spitze wird er nichts zu tun haben. "Das Erreichen des Finals der besten Zwölf wäre sensationell", sagt Wellmann. "Ich möchte die Quali überstehen und meine Bestleistung angreifen. Ansonsten habe ich keine hohen Erwartungen. Ich nehme die WM locker in Angriff und möchte Spaß haben", so Przybylko.

Silke Spiegelburg: Nach ihrem Fußbruch im vergangenen Jahr bewies Spiegelburg ihre starke Form mit 4,75 Meter bei der Team-EM. Damit führt sie die deutsche Jahresbestenliste an. Bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg kam sie hinter Lisa Ryzih und Martina Strutz aber nicht über 4,45 Meter hinaus. Zu was es für die 29-Jährige in Peking reicht, die zuletzt mit ihrem Anlauf experimentierte, wird neben den neuen Stäben und den Bedingungen vor Ort auch von der Tagesform abhängen. "Es ist noch viel Unsicherheit in ihren Sprüngen", sagt Wellmann, der ihr dennoch einiges zutraut. "Nach oben ist alles drin. Aber genauso wäre auch Platz sieben oder acht nicht verwunderlich. Silke ist für eine Überraschung gut."

Carlo Paech: Überraschte vor allem in der Halle, hatte draußen einige Schwankungen, fand aber rechtzeitig zu den Deutschen Meisterschaften mit 5,60 Meter und Platz drei zu alter Form. Er steigerte seine Bestleistung auf 5,80 Meter, die ihn in China womöglich in den Bereich einer Medaille bringen könnte. Wellmann traut ihm Außenseiterchancen zu. Bei der hohen Leistungsdichte im internationalen Stabhochsprung wird aber schon die Finalteilnahme nicht leicht. "Vom Rausfliegen in der Qualifikation bis hin zum Medaillenplatz ist alles möglich", sagt Wellmann. "Die ersten Vier sind mit Höhen über 5,90 Meter weit weg, aber wenn Carlo in seinen Wettkampf findet, kann er oben durchaus mitmischen."

Tobias Scherbarth: Gleiches gilt für den 29-Jährigen. Er zeigte sich zuletzt stabiler in seiner Form, sprang in Nürnberg mit 5,70 Metern zu Silber. Das Überstehen der Qualifikation sollte für ihn kein Problem sein. Aber auch in seinem Fall gilt: Stabhochsprung ist eine Disziplin, die von Überraschungen lebt. "Wenn man am Tag x seine beste Form abrufen kann, ist man in der Regel vorne mit dabei", sagt Wellmann.

Normalerweise geht der Titel aber nur über den Franzosen Renaud Lavillenie, der mit einer Freiluftbestleistung von 6,05 Metern an den Start geht, und den wieder erstarkten Weltmeister von 2013, Raphael Holzdeppe, der mit 5,94 Meter Deutscher Meister 2015 wurde.

Linda Stahl: Sie ist die Medaillen-Hoffnung des TSV. Die Ärztin hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie Bestleistungen auf den Punkt abrufen kann. Sie gewann Gold bei den Europameisterschaften 2010 und Bronze bei den Olympischen Spielen 2012. Was ihr noch fehlt, ist eine WM-Medaille. "Ich möchte in Peking Saisonbestleistung werfen. Wofür das reicht, wird man sehen. Ich bin noch nie in einer Quali gescheitert, das soll sich nicht ändern", erklärt Stahl. Momentan bereitet sich die Athletin von Helge Zöllkau (mit Katharina Molitor) auf der südkoreanischen Insel Jeju vor. "Ruft Linda ihre Top-Leistungen wie zuletzt ab, ist sie Medaillen-Hoffnung für uns", so Wellmann. "Gleiches gilt für Katharina Molitor."

Katharina Molitor: Mit ihren 66,40 Metern in Luzern liegt sie nur knapp 20 Zentimeter hinter der Weltjahresbesten Sunette Viljoen aus Südafrika (66,62). Auch durch den Deutschen Meistertitel ist das Selbstbewusstsein der 31-Jährigen groß, die beim TSV Bayer auch zweite Liga Volleyball spielt. "Ich hoffe, dass mir in der Qualifikation ein guter Wurf gelingt. Dann kann ich mit einem guten Gefühl ins Finale gehen", sagt Molitor.

Robin Schembera: Mit dem Ziel, ins Halbfinale zu laufen, trat der 800-Meter-Läufer die Reise nach Peking an. Auch hinter ihm liegen schwere Jahre mit Verletzungen und mentalen Problemen. Seit der WM in Berlin 2009 musste sich der 26-Jährige in Geduld üben und bis 2015 auf seinen nächsten internationalen Freiluftstart warten. In diesem Jahr kündigte er bereits bei der Hallen-EM als Fünfter an, dass er zurück ist. Nur ein paar Wochen später verbesserte er seine sechs Jahre alte Bestmarke auf 1:45,48 Minuten und löste das WM-Ticket. "Das Halbfinale wird schwer genug", erklärt der Athlet von Paul-Heinz Wellmann.

Jennifer Oeser: Nach fast drei Jahren Wettkampfabstinenz hat sich die Siebenkämpferin ein- drucksvoll zurückgemeldet und sicherte sich gleich im zweiten Mehrkampf das WM-Ticket. Die Weltmeisterschaften sind für die 31-Jährige nach 2007, 2009 (Silber) und 2011 (Bronze) die vierten globalen Titelkämpfe. "An erster Stelle steht, dass ich gesund und munter durch-komme und möglichst viele Punkte sammeln kann. Ich habe keine Platzierung oder Punktzahl im Kopf. Von einer Medaille müssen wir in diesem Jahr nicht reden", sagte Oeser. Wellmann ergänzt: "Jennifer ist ein Wettkampftyp. Wenn ihr ein Wettkampf wie zuletzt in Ratingen gelingt, wäre das eine super Ausgangsposition für Rio."

Aleixo-Platini Menga: Mit ihm schickt Trainer Hans-Jörg Thomaskamp seinen dritten Athleten ins Rennen. Als Teil der 4x100-Meter-Staffel strebt der 27-Jährige das Finale der besten acht Sprint-Quartetts an. "Die Vorbereitung auf Jeju läuft gut. Wir sind alle gesund und fit. Ich muss jetzt im Training überzeugen, damit ich mir einen Platz in der Staffel sichere", erklärt Menga.

Alyn Camara: "Quali überstehen und acht Meter springen" - so lautet das Ziel des Weitspringers. Auf 8,22 Meter flog der 26-jährige Sportsoldat in diesem Jahr bereits. Zu seiner persönlichen Bestleistung fehlen ihm damit nur noch sieben Zentimeter. Internationale Erfahrung sammelte Camara bereits bei den Europameisterschaften 2011 in Helsinki, sowie bei den Olympischen Spielen 2012 in London und den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau. Wellmann traut ihm ein gutes Ergebnis zu. "Wenn er seine Trainings- und Wettkampfleistungen abruft, ist ein Platz unter den besten Acht möglich", sagt er. "Erwischt er einen guten Tag und trifft das Brett richtig, ist auch mehr möglich."

(RP)
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