Renate Wolf "Ich kann den Laden nicht einfach im Stich lassen"

Leverkusen · Die Trainerin der Werkselfen spricht über ihre Absage als Bundestrainerin, die Arbeit mit den TSV-Handballerinnen, den Reiz, junge Spielerinnen an die Bundesliga heranzuführen und sich gegen finanzstärkere Klubs zu behaupten.

Dortmund verpflichtet als Aufsteiger Nationalspielerinnen wie Clara Woltering, Nadja Nadgornaja oder Anne Müller. Auch andere Vereine rüsten - mit viel Geld - auf. Müssen die Elfen die steigende Zahl von Klubs mit großem Budget fürchten?

Renate Wolf: Wir können es nicht ändern. Aber wir werden diesen Weg nicht gehen und uns weiter auf unsere Stärken besinnen. Aber natürlich wird es nicht einfacher, vielversprechende Spielerinnen von einem Wechsel zu uns zu überzeugen oder Top-Spielerinnen zu halten. Immerhin hat die Vergangenheit gezeigt, dass Geld nicht alles ist. In der vergangenen Saison sind auch Teams mit Etats von einer oder sogar zwei Millionen Euro hinter uns gelandet. Das sehe ich auch als Bestätigung unserer Arbeit.

Bewerten Sie Platz sechs in der vergangenen Saison vor diesem Hintergrund als Enttäuschung?

Wolf: Ganz und gar nicht. Wir hatten einiges Pech mit den Verletzungen, einen Trainerwechsel in der Vorbereitung und haben es trotzdem geschafft, den Abstand nach oben überschaubar zu halten. Man sollte bei all den guten Platzierungen der Jahre zuvor nie vergessen, dass wir in Sachen Etats sicherlich zum unteren Drittel der Liga gehören. Ich habe schon Absagen von Spielerinnen erhalten, die lieber zu einem Zweitligisten wollten, weil sie dort mehr Geld verdienen konnten. Leider werden da immer öfter merkwürdige - und aus meiner Sicht falsche - Prioritäten gesetzt.

Was sind die Pfunde, mit denen Sie bei der Suche nach Neuzugängen wuchern können, wenn andere mehr Geld bieten?

Wolf: Erst einmal wollen wir die Spielerinnen hier gut weiterentwickeln - was uns häufig auch gelingt. Das ist bekannt. Und dann bemühen wir uns, mit Hilfe von Partnern und Sponsoren ein Komplettpaket anzubieten aus Schule, Studium, Ausbildung oder Job und dem Sport. So haben wir beispielsweise Ramona Ruthenbeck und Kim Naidzinavicius bei den Bayer-Fußballern unterbringen können. Die Nähe zur Sporthochschule in Köln schadet sicher auch nicht.

Wie wichtig ist die Nachwuchsarbeit?

Wolf: Sehr wichtig. Zwar wird es auch im Nachwuchsbereich nicht einfacher, und auch diese Arbeit kostet Geld. Aber andererseits ist es natürlich gut, wenn aus dem Juniorteam immer mal wieder auch Spielerinnen für die Bundesliga aufrücken. Wie viel Potential einige unserer Eigengewächse schon mitbringen, konnten wir zum Ende der vergangenen Saison gut sehen, als sie durch die Verletzungsprobleme mehr spielen durften und mussten als gedacht. Diese Erfahrung kommt uns sicher auch in der neuen Saison zugute.

Als Anfang des Jahres ein neuer Trainer für die Frauen-Nationalmannschaft gesucht wurde, soll sich der DHB auch bei Ihnen gemeldet haben.

Wolf: Ja, es gab tatsächlich ein Gespräch. Das war aber sehr schnell beendet. Ich habe gemerkt, dass ich bei Übernahme dieser Aufgabe die Elfen hätte komplett aufgeben müssen, und das wollte ich nicht machen.

Woran machen Sie die Einschätzung fest, dass Sie die Elfen hätten aufgeben müssen?

Wolf: Es war eine klare Vorgabe, dass der DHB-Job die klare Priorität haben müsste. Wer Trainer wie Dirk Leun (Trainer in Buxtehude, d. Red) oder mich wirklich als Bundestrainer möchte, der findet auch eine Lösung, wie sich unser Job im Klub mit dem beim DHB verbinden lässt, wenigstens für eine Übergangszeit. Aber der Verband wollte, dass ich in Leverkusen aufhöre.

Und das kam nicht in Frage.

Wolf: Genau. Ich habe zu viel Herzblut in den Frauenhandball bei Bayer gesteckt, dass ich den Laden nicht einfach im Stich lassen kann. Und genauso hätte es sich für mich angefühlt.

Etwas kürzer treten wollten Sie ursprünglich aber schon. Nach zwei Jahren Pause gaben Sie vor der vergangenen Saison allerdings überraschend das Comeback als Trainerin - zusätzlich zur Arbeit als Managerin. Ist das nicht zu viel?

Wolf: Doch, aber wir haben zur neuen Saison schon für eine zusätzliche Verbesserung gesorgt. Nathalie Hagel entlastet als Torwarttrainerin nicht nur Andreas Thiel, sondern unterstützt mich auch beim Papierkram. Und mit Denisa Glankovicova ist eine spielende Co-Trainerin dazu gekommen, die im sportlichen Bereich eine große Hilfe sein wird. Außerdem haben wir mit Gudula Krause eine weitere Entlastung an Bord geholt.

TOBIAS KRELL FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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