Lokalsport Leichtathleten sammeln zwei DM-Titel in Nürnberg

Nürnberg/Leverkusen · Der TSV Bayer konnte seine Medaillensammlung bei den Deutschen Meisterschaften gegenüber dem Vorjahr ausbauen. Neben zwei Goldmedaillen gab es acht Mal Silber und sieben Mal Bronze. Markus Esser war bei seinen letzten nationalen Titelkämpfen zu Tränen gerührt.

Paul-Heinz Wellmann benutzte in seiner Beurteilung des Abschneidens der Leverkusener Leichtathleten bei den Deutschen Meisterschaften scherzhaft den Begriff "Vizekusen". Das sollte aber keineswegs negativ gemeint sein. Der Geschäftsführer der TSV-Leichtathleten war tatsächlich sehr zufrieden mit den Resultaten, die seine Schützlinge in Nürnberg erzielten. Zwei Mal Gold, acht Mal Silber und sieben Mal Bronze hieß es aus Leverkusener Sicht nach drei Wettkampftagen. "Die eine oder andere Silbermedaille hätte aber mit etwas Glück durchaus auch eine goldene sein können", erklärte Wellmann, der mit dem "Gesamtbild" sehr gut leben konnte.

Einer dieser Gold-Kandidaten war Weitspringer Alyn Camara, der als Deutscher Hallenmeister auch den Titel unter freiem Himmel gewinnen wollte. Am Ende fehlten ihm bei seinen 7,97 Metern sechs Zentimeter auf den Sieger, U23-Europameister Fabian Heinle (LAV Stadtwerke Tübingen). Markus Rehm konnte als Deutscher Meister 2014 seinen Titel nicht verteidigen. Der unterschenkelamputierte Athlet von Steffi Nerius startete außerhalb der Wertung und demonstrierte erneut seine Klasse. Seine 8,11 Meter aus seinem vierten Durchgang hätten die Goldmedaille bedeutet.

Die gewann Katharina Molitor in einer starken Speerwurf-Konkurrenz. Die Leverkusenerin gewann mit 65,40 Metern ihren zweiten Titel nach 2010 und verwies Weltmeisterin Christina Obergföll die im vergangenen Jahr eine Babypause eingelegt hatte, auf Rang zwei (64,11). Dritte wurde die Olympia-Dritte und Ex-Europameisterin Linda Stahl (62,57). Molitor war mit der deutschen Saisonbestweite von 66,40 Metern angereist und bestätigte ihre starke Form. Das komplette Quartett darf nun zur WM vom 2. bis 30. August nach Peking.

Die Wettbewerbe des zweiten Tages neigten sich bereits langsam dem Ende zu, als Sprinter Aleixo-Platini Menga noch einmal richtig aufdrehte. Nachdem er sich als viertschnellster 100-Meter-Läufer in 10,35 Sekunden für das Finale qualifizieren konnte, sollte dort eine Medaille her - und die wurde es. Nach 10,32 Sekunden jubelte der 27-Jährige über Silber. "Letztes Jahr war ich über 100 Meter Dritter, dieses Jahr Zweiter. Wer weiß, was nächstes Jahr kommt?", sagte Menga.

Als Zweiter kam auch Robin Schembera über 800 Meter ins Ziel. Er war mit seinen 1:48,96 Minuten nur minimal langsamer als Dennis Krüger (Berlin/ 1:48,93 Minuten). Bei den Frauen lief Carolin Walter zu Bronze (2:03,47 Minuten). Über 1500 Meter setzte einmal mehr Nachwuchsläuferin Konstanze Klosterhalfen ein Ausrufezeichen. Die Leverkusenerin, die noch U 20-Athletin ist, musste sich nur Maren Kock (Regensburg/ 4:09,25 Minuten) geschlagen geben und lief in 4:09,58 Minuten zu Silber und einer neuen europäischen U20-Hallenbestleistung. Zwei weitere Bronzemedaillen feierten Frederike Hogrebe über 400 Meter Hürden (58,72 Sekunden) und Sanaa Koubaa über 3000 Meter Hindernis (9:57,01 Minuten). Über 4 x 400 Meter sicherte sich die TSV-Staffel den Titel (3:35,99 Minuten) vor Köln und München.

Besonders die Stabhochspringerinnen hatten mit dem unbeständigen Wind zu kämpfen. Silke Spiegelburg beendete ihren Wettkampf mit 4,45 Meter auf dem Bronzerang. "Das war erst der dritte Wettkampf, in dem ich aus 16 Schritten angelaufen und mit anderen Stäben gesprungen bin. Im Moment fehlt noch die Feinjustierung. Nach meiner Fuß-OP im letzten Jahr wurde ich noch zweimal durch kleinere Verletzungen zurückgeworfen. Deshalb bin ich mit meinem Leistungen dieses Jahr sehr zufrieden", erklärte Spiegelburg. Bei den Männern musste sich Vorjahressieger Tobias Scherbarth mit 5,70 Metern mit Platz zwei hinter Weltmeister Raphael Holzdeppe (5,94) begnügen. Dritter wurde Carlo Paech (5,60).

Nicht weniger Probleme mit dem Wind hatten die Hochspringer. Als einer der Favoriten ging Matteusz Przybylko ins Rennen um den Sieg. Bereits im Mai konnte der Athlet von Hans-Jörg Thomaskamp 2,30 Meter und damit die WM-Norm erfüllen. In Nürnberg bedeuteten 2,19 Meter Bronze. Zweite bei den Frauen wurde Katarina Mögenburg (1,84). Die 3x1000-Meter-Staffel der männlichen Jugend U20 lief am frühen Mittag zur Vizemeisterschaft.

Hammerwerfer Markus Esser wurde bei seinem emotionalen Meisterschafts-Abschied nachträglich mit der Bronzemedaille für die Leichtathletik-EM 2006 geehrt. "Ich finde diesen Tag und diesen Moment einfach unfassbar toll", sagte der achtmalige deutsche Meister.

Der in Göteborg viertplatzierte Esser rückte auf den EM-Bronzeplatz vor, weil ein weißrussischer Konkurrent nachträglich wegen Dopings disqualifiziert wurde. Bei seinen letzten Deutschen Meisterschaften musste sich der 35-Jährige aber erstmals seit sechs Jahren geschlagen geben.

Der acht Jahre jüngere Alexander Ziegler (LG Staufen) holte sich mit 73,91 Metern seinen ersten Titel. "Wir haben gesehen: Die Wachablösung ist da", meinte Esser, mit 72,32 diesmal Zweiter. "Das ist der richtige Zeitpunkt, allen Danke zu sagen - das war's. Dankeschön!", rief Esser seinen Fans vor der Ehrenrunde im Stadion zu Tränen gerührt zu.

(RP)
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