Paralympics Jürgen Schrapp Leverkusens Mr. Sitzvolleyball will es nochmal wissen

Leverkusen · Die Paralympics in Rio sind für den 42-Jährigen vom TSV Bayer die fünften Spiele. Schrapps Wunsch: die Medaille von 2012 wiederholen.

 Jürgen Schrapp

Jürgen Schrapp

Foto: volkmann/TSV

Leverkusen/Rio (HN) Jürgen Schrapp hatte seine Karriere mit dem größten Erfolg bereits beendet. Das war vor vier Jahren in London. Die deutschen Sitzvolleyballer gewannen überraschend Bronze. Es war seine erste Paralympics-Medaille überhaupt. Schrapp war Kapitän und Leistungsträger. Auf dem Höhepunkt trat er zurück.

Anderthalb Jahre spielte der TSV-Athlet überhaupt nicht mehr - bis ihm irgendwann das Zusammensein mit der Mannschaft, der Teamgedanke und der Spaß am Sport fehlten. "Also habe ich wieder im Verein angefangen und dem Bundestrainer gesagt: Wenn ich helfen kann, bin ich gerne wieder dabei." Das war Ende 2014 und Schrapp, der zu dem Zeitpunkt vier Paralympics-Teilnahmen und rund 20 Jahre als Kapitän vorzuweisen hatte, 15-facher Deutscher Meister mit dem TSV Bayer war und diverse internationale Silber- und Bronzemedaillen im Verein und mit der Nationalmannschaft gewonnen hatte, setzte sich ohne zu Murren auf die Bank. "Es war ein Geschenk, wieder mitzuspielen, das wollte ich nicht wegschmeißen. Ich musste mir einiges zurückerarbeiten, was verloren gegangen ist. Mir geht es darum, dass die Mannschaft Erfolg hat, ob ich auf dem Feld bin oder nicht, ist mir mittlerweile nicht mehr so wichtig."

Doch nachdem er als Ergänzungsspieler im vergangenen Jahr überraschend Silber bei der Heim-Europameisterschaft in Warendorf gewinnen konnte, zählt Schrapp wieder zur Stamm-Sechs. Nur die Kapitänsbinde trägt er nicht mehr: "Das habe ich von Anfang an kategorisch ausgeschlossen."

In Rio eröffnen die deutschen Sitzvolleyballer heute um 19 Uhr deutscher Zeit ihre Vorrunde gegen Ägypten. "Unser Ziel ist das Halbfinale - und dann eine Medaille", kündigt Jürgen Schrapp an.

Möglich ist es. Vom Turnier selbst erwartet Schrapp, dass der Austragungsort Rio ein ganz besonderer wird. Denn Volleyball ist in Brasilien die zweitwichtigste Sportart nach Fußball. "Vermutlich wird das Zuschauerinteresse am Sitzvolleyball sehr hoch sein." Ob er nach den Paralympics zum zweiten Mal seine Karriere beendet, lässt Schrapp, der sich auch einen Wechsel in den Trainerbereich vorstellen kann, offen. "Ich habe gelernt, dass ich das Niemals-Wort nicht mehr aussprechen sollte", sagt er und lacht: "Aber ab Sommer werde ich beruflich in der Schweiz sein und da gibt es noch keine Möglichkeit, Sitzvolleyball zu spielen. Das wäre auch schwierig zu vereinbaren mit Frau und Kindern."

Schrapps Führungsqualitäten sind auch im Beruf gefragt. Seit 2013 ist er bei Bayer verantwortlich für den Rohstoffeinkauf weltweit, zuvor war er in verschiedenen Führungsrollen beim Konzern tätig. Ob das mit dem Volleyball zu tun hat? "1994 bin ich für eine Ausbildung bei Bayer nach Leverkusen gezogen, da war der Sport sicher ein Türöffner und ein nettes Nebenprodukt. Danach lief das alles getrennt voneinander. Natürlich nutzen mir die Eigenschaften, die ich im Sport gelernt habe, auch im Beruf." Sollte Deutschland eine Medaille holen, hätte Schrapp den Karriere-Höhepunkt ein zweites Mal erreicht.

(RP)
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