Bayer Leverkusen Schriller die Alarmglocken nie klingen

Leverkusen · Es war egal, wer sich von den Profis der Werkself zum 1:1 gegen Freiburg äußerte. Der Tenor war der gleiche. Die Kernaussage: Bei allem Respekt vor dem Gegner, aber dieses Unentschieden war gemessen an den eigenen Ansprüchen schlicht zu wenig.

Bayer 04 Leverkusen - SC Freiburg: Einzelkritik
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Foto: dpa, mb jai

Sollte die Mannschaft weiter das Ziel haben, um einen Champions-League-Platz mitzuspielen, haben Julian Brandt, Kevin Kampl und Lars Bender Recht, wenn sie den Zeigefinger heben - und eben nicht allein den vergebenen Strafstoß, sondern das merkwürdig ideenlose Spiel ihrer Mannschaft in der ersten Hälfte kritisierten. Denn das muss - sicher mehr noch als die Elfmeter-Debatte - zu Denken geben. Man darf von Roger Schmidt und seiner qualitativ hochwertig besetzten Mannschaft erwarten, dass sie Mittel und Wege findet, vermeintlich schwächere und defensiv eingestellte Gegner erfolgreich zu bespielen. Keine Torchance in 45 Minuten zu haben, impliziert, keinen echten Plan oder - und das wäre schlimm - keine wirkliche Lust zu haben. Wer sich darüber hinaus im Deuten versucht, wird zudem fehlendes Selbstvertrauen und eine, sich durch sämtliche Mannschaftsteile ziehende Unsicherheit feststellen.

In diesem Fall wäre man doch wieder beim Elfmeter von Chicharito angelangt, dessen fahrlässiger Umgang mit der Siegchance der Leverkusener Misere auf grausame Weise die Krone aufsetzte. Ausgerechnet der Mexikaner - man wähnte ihn als Sinnbild von Torgefahr, Abgebrühtheit und Selbstsicherheit - verfestigte den Eindruck, dass diese Mannschaft zwar gewinnen will, aber derzeit offenbar nicht dazu in der Lage ist. Warum? Dieser Frage muss sich ihr Trainer Roger Schmidt genauso stellen wie der Tatsache, dass er dafür Verantwortung trägt.

Die Häufung muskulärer Verletzungen schuf nun noch eine weitere Baustelle, die durchaus Brisanz birgt, weil sie Bayers Saisonziel ernsthaft gefährden könnte. Vielleicht beließ es Schmidt in seiner Erklärung für die Auswechslung Benjamin Henrichs' auch deshalb bei der (nachvollziehbaren) Feststellung, dass er sich für die zweite Hälfte mehr Offensivpower über außen gewünscht habe. Das irritierende: Fast zeitgleich zu Schmidts Aussage verließ der 19-Jährige mit Oberschenkelproblemen das Stadion Richtung Krankenhaus. Eine MRT-Untersuchung gab Entwarnung. Die Brisanz des Themas aber bleibt.

Sportlich erinnert die Situation stark an die vergangene Saison, als man in der Rückrunde ebenfalls auf eine Aufholjagd angewiesen war. Die soll erneut gelingen. Bis zur Pause will man noch möglichst häufig punkten und dann neu angreifen - wenn es dann allerdings nicht schon zu spät ist. Der Abstand auf die Plätze drei und vier beträgt bereits zehn und acht Punkte. Die Dichte derer, die oben mitmischen, ist zudem größer. Mit einer kleinen Serie ist es also nicht getan. "Schriller die Alarmglocken nie klingen", möchte man angesichts des bevorstehenden Stresses sagen.

Schmidt glaubt an die Trendwende: "Wir müssen den Kopf oben behalten und weiter arbeiten - dann werden sich irgendwann auch wieder die Erfolgserlebnisse einstellen", sagte er. In Krisenzeiten wirken solche Sätze wie Durchhalteparolen. Mit jedem Punktverlust aber geht ein Stück mehr Glaubwürdigkeit verloren.

(RP)
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