Leverkusen Steinbüchel: Minuten am Mord vorbei

Leverkusen · Es waren nur wenige Millimeter und wenige Minuten, die das Opfer vom Tod trennten. Im Prozess wegen versuchten Mordes gegen zwei Leverkusener kamen gestern ausgiebig die Mediziner zu Wort.

 Diese Waffe wurde seinerzeit im Wald gefunden: Mit ihr soll auf den 24-Jjährigen geschossen worden sein.

Diese Waffe wurde seinerzeit im Wald gefunden: Mit ihr soll auf den 24-Jjährigen geschossen worden sein.

Foto: miserius (Archiv

Zwei behandelnde Ärzte und Rechtsmediziner Dr. Frank Glenewinkel bestätigten, dass der 24-Jährige, der im Juni vergangenen Jahres von zwei Bekannten unter einem Vorwand in den Wald bei Steinbüchel gelockt wurde und dann von ihnen geschlagen, getreten, mit vier Messerstichen und einem Pistolenschuss schwer verletzt wurde, letztlich sehr viel Glück gehabt habe.

Vor allem die Stiche mit einem 1,5 Zentimeter breiten Messer am Hals verfehlten die Halsschlagader nur ganz knapp. Als erstaunlich bezeichnete der Rechtsmediziner dabei, dass der Verletzte sich dennoch rund 850 Meter vom Tatort bis zu einem Reihenendhaus schleppen konnte, wo er nach mehreren Klingel-Versuchen zuvor endlich Hilfe gefunden hatte.

Und auch da hatte er unbeschreibliches Glück - sofern man in einer solchen Situation überhaupt davon sprechen kann - dass ihn eine Ärztin mitten in der Nacht bemerkt hatte und sofort die richtigen Maßnahmen einleitete. Im Leverkusener Klinikum wurde dann in den frühen Morgenstunden eine knapp dreistündige Operation durchgeführt. Schon einen Tag nach der OP hatte einer der beiden damals noch nicht identifizierten Täter versucht, sein Opfer im Krankenhaus zu besuchen. Er erhielt allerdings keinen Zugang zur Intensivstation. Doch der Verletzte muss davon wohl erfahren haben, zeigte nach Angaben der behandelten Ärztin sehr viel Angst und bat darum, in ein anderes Krankenhaus verlegt zu werden. Die zweite Klinik in Köln wurde von der Polizei instruiert, keinerlei Auskünfte über den neuen Patienten zu geben. Bevor der 24-Jährige jedoch nach sieben Tagen verlegt werden konnte, wurde ihm noch die Milz im Leverkusener Klinikum entfernt. Er muss nun vor allem mit einem geschwächten Immunsystem leben.

Dass das Opfer mit derart schweren Verletzungen überhaupt noch gehen und sogar über Zäune klettern konnte, empfand der Rechtsmediziner als möglich, weil nicht direkt Blutgefäße beschädigt waren. Aber hätte er in jener verhängnisvollen Nacht keine Hilfe gefunden, er würde heute nicht mehr unter seiner neuen Adresse leben, die auf besonderen Hinweis des Gerichts ebenfalls nicht genannt wird.

Denn noch immer kann sich der 24-Jährige wohl nicht sicher fühlen, obwohl die beiden Täter in Haft sind. Denn das ganze kriminelle Umfeld, dem Täter wie Opfer zugerechnet werden, dürfte aus mehr als den im Juni unmittelbar an der Straftat beteiligten Menschen bestehen.

Die leitende Kriminalbeamtin, die gestern ebenfalls vor dem Kölner Landgericht gehört wurde, bestätigte bereits Beobachtungen und Ermittlungen der Polizei nach diversen Auseinandersetzungen und Schlägereien seit März vergangenen Jahres in Steinbüchel. Die Ermittlungen laufen weiter.

(RP)
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