Leverkusen Sterbegeld mit Enkeltrick ergaunert

Leverkusen · Eine 89-jährige Seniorin aus Dorsten hat am Mittwoch im Prozess gegen fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie ausgesagt. Sie ist Opfer eines sogenannten Schockanrufes geworden und verlor infolgedessen 10.000 Euro.

Sie ist 89 Jahre alt, kann sich nur mühsam mit einem Rollator bewegen und nahm dennoch die Strapazen einer Fahrt von Dorsten nach Köln auf sich. Die Rentnerin, die in Begleitung ihrer Tochter kam, ist eine Geschädigte im Strafverfahren gegen fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie, die sich derzeit vor dem Kölner Landgericht wegen ihrer zahlreich begangenen Schockanrufe (Variante des Enkeltricks) verantworten müssen.

Die sichtlich immer noch mitgenommene alte Dame wurde am Mittwoch als eines von mehreren Opfern gehört. Sie berichtete von einem Vorfall im April letzten Jahres, als sie gegen 14 Uhr angerufen wurde und ein angeblicher Professor sie mit der Nachricht schockte, ihre Tochter sei schwer verunglückt. Die Dame hatte zwar schon von dem Enkeltrick gehört und wollte das Gespräch unbedingt abwimmeln. Aber der Anrufer ließ nicht locker, baute über eine Stunde lang am Telefon einen so hohen Druck auf, dass die Frau schließlich ins Grübeln geriet und 10 000 Euro in vier Briefumschlägen bereitlegte.

Das Geld lag auf dem Bett. Als der Bote, der nach dem über einstündigen Telefonat dann plötzlich vor ihrer Wohnungstür stand, danach fragte, lief er nach dem Hinweis der Rentnerin direkt ins Schlafzimmer, steckte das Geld ein und war wieder weg. "Alles ging so schnell", wiederholte das Opfer mehrfach, dass sie sich an alle Einzelheiten so genau nicht mehr erinnern könne.

Danach war die ohnehin schon gesundheitlich angeschlagene Frau so geschockt, dass sie ihre Türe mit zusätzlichen Einrichtungen absichern ließ. Noch immer sei sie wegen der Dreistigkeit der Tat erregt und könne nachts nicht mehr richtig schlafen. Mehrfach brachte sie zum Ausdruck, dass sie die Rücksichtslosigkeit nicht verstehe.

Daher wusste sie auch nichts mit möglichen Entschuldigungen der Täter, denen sie nun im Kölner Landgericht gegenüber saß, anzufangen. Die Verteidiger hatten persönliche Entschuldigungen ihrer Mandanten angekündigt, die Reaktion war eher Befremden: "Was soll ich damit anfangen? Das Geld ist weg. Das war mein Sterbegeld, das ich mir nach einem langen Arbeitsleben mühsam gespart habe."

Die Strategie der Verteidigung war, auf die Ladung von Geschädigten zu verzichten, weil - so wie das im Gerichtssaal Erlebte zeigte - deren Aussagen nicht zu einem milderen Urteil führen dürften. Bei drei Zeuginnen hattte die Staatsanwaltschaft wegen des Gesundheits-Zustands auf eine Ladung verzichtet.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort