Leverkusen/Köln Steuerbetrug: Rekord bei Selbstanzeigen

Leverkusen/Köln · Im Februar zeigten sich in NRW knapp 1000 Steuerhinterzieher selbst an. Im Februar 2013 waren gerade mal 214.

 Die Fälle von Uli Hoeneß und Alice Schwarzer sorgten und sorgen für Aufsehen, werden in Talkshows hoch und runter diskutiert. Dass sie die Zahl der Selbstanzeigen in die Höhe treiben, davon mag das Finanzministerium nicht sprechen.

Die Fälle von Uli Hoeneß und Alice Schwarzer sorgten und sorgen für Aufsehen, werden in Talkshows hoch und runter diskutiert. Dass sie die Zahl der Selbstanzeigen in die Höhe treiben, davon mag das Finanzministerium nicht sprechen.

Foto: dpa

Boris Becker, Verona Pooth, Patrick Lindner, Klaus Zumwinkel haben es getan. Alice Schwarzer auch. Uli Hoeneß' Steuerhinterziehung ist in aller Munde. (Ver-)Führen solche prominenten Fälle dazu, dass sich mehr Leute mit Konten in der Schweiz beim Finanzamt selbst anzeigen?

Der Sprecher aus dem NRW-Finanzministerium betont: "Von einem Hoeneß-Effekt reden wir nicht. Das fiele in den Bereich der Spekulation." Was das Finanzministerium auf seiner Internetseite mit einem schwarzen Sparschwein gekennzeichnet hat, sind Fakten. Nüchterne Daten zu der Entwicklung von Steuersünder-Selbstanzeigen. Die zeigen: Mitte 2012 ging die seit 2010 angegebene Kurve der "Selbstanzeigen mit Bezug zur Schweiz" plötzlich steiler nach oben, seit Mitte vergangenen Jahres schoss sie richtig steil in die Höhe von damals mehr als 8000 Anzeigen in NRW auf mittlerweile knapp 13 800. Zum Vergleich: Im März 2010 lag sie bei knapp unter 4000 Selbstanzeigen.

Finanzminister Norbert Walter Borjans nimmt für Februar 2014 das Wort Rekord in den Mund: Es gab im vergangenen Monat fast 1000 Selbstanzeigen in NRW. "Insgesamt 956 Bürger zeigten sich wegen Steuerhinterziehung mit Bezug zur Schweiz selbst an. Im Vorjahresmonat waren es 214", meldet das Ministerium. In den ersten beiden Monaten des Jahres gab es in NRW 1739 Selbstanzeigen — viereinhalb mal so viel, wie in den ersten beiden Monaten des Vorjahres. Walter-Borjans: "Die aktuellen Zahlen lassen auf ein in dieser Größenordnung nicht vermutetes Ausmaß an Steuerbetrug in der Mitte der Gesellschaft schließen, das noch lange nicht ausgeleuchtet ist."

Mittlerweile verstehe aber eine wachsende Zahl von Steuerhinterziehern, "dass die Steuerbehörden nicht länger bereit sind hinzunehmen, wenn sich eine selbstgerechte Gruppe von Tätern zulasten der Ehrlichen an der angemessenen Mitfinanzierung öffentlicher Aufgaben vorbeizumogeln versucht. Steuergerechtigkeit fängt damit, dass wir sicherstellen, dass alle die Steuergesetze einhalten."

Genaue Daten für Leverkusen mag weder das Finanzamt noch das Finanzministerium nennen. Leverkusen gehört aber zum Bereich des für Steuerstrafsachen zuständigen Finanzamtes Köln. Dazu zählen neben der Domstadt und Leverkusen auch die Regionen Brühl, Bergheim, Köln, Bergisch Gladbach, Wipperfürth, Gummersbach. So gab es Anfang Januar einen Bestand von 1361 Selbstanzeigen, im laufenden Monaten kamen 19 hinzu. Im Februar zeigten sich 30 Steuersünder mit Verbindung in die Schweiz an.

Davon könnten durchaus auch Selbstanzeigen im Briefkasten des Leverkusener Finanzamtes gelandet sein. Denn: Die Selbstanzeige kann formlos beim zuständigen Finanzamt am Wohnsitz erstattet werden, aber auch beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und bei der Steuerfahndung eingereicht werden. Das Finanzministerium empfiehlt, im Falle einer Selbstanzeige und deren rechtlicher Tragweite einen "Vertreter der steuerberatenden Berufe" oder einen Anwalt einzubeziehen. Das Finanzamt am Wohnsitz, also etwas das Leverkusener, gibt die Selbstanzeigen an die Behörden in Köln weiter. Von dort gehen die Daten zur Staatsanwaltschaft, die überprüft, ob die Anzeigen strafrechtlich relevant sind.

Die Furcht vor der Entdeckung ist nach Überzeugung des Ministers das wichtigste Motiv für eine Selbstanzeige. Er will alle "zur Verfügung stehenden legalen Möglichkeiten" nutzen, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Auch den Ankauf von Daten-CDs, betonte er jetzt.

(RP)
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