Leverkusen Streit um Hindenburg

Leverkusen · Der Hindenburgplatz in Münster heißt ab sofort Schlossplatz, weil Hindenburg zum Entstehen des Nazi-Regimes beigetragen habe. In Leverkusen sieht die Stadt keinen Handlungsbedarf, die Hindenburgstraße umzubenennen.

 Sollte die Straße in Leverkusen umbenannt werden, wären Wohnhäuser, eine Kirche, ein Kita und ein Park von der Adressänderung betroffen.

Sollte die Straße in Leverkusen umbenannt werden, wären Wohnhäuser, eine Kirche, ein Kita und ein Park von der Adressänderung betroffen.

Foto: Uwe Miserius

Die Stadt Münster hat gerade den "Hindenburgplatz" in "Schlossplatz" umbenannt. Damit beendete der Münsteraner Stadtrat eine 65 Jahre dauernde Diskussion. Im Mittelpunkt des zuletzt teils heftig geführten Streits stand Paul von Hindenburg (1847 bis 1934), der letzte Reichspräsident der Weimarer Republik. Er ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler und trug so stark zum Entstehen des Nazi-Regimes bei, sagen Historiker vor allem in neuen Bewertungen.

Auch Leverkusen erinnert mit der "Hindenburgstraße" an den umstrittenen Generalfeldmarschall. "Eine Umbenennung ist derzeit bei uns kein Thema", sagte Leverkusens Stadtdirektor Rainer Häusler auf Anfrage unserer Zeitung. Die Hindenburgstraße in Wiesdorf verläuft auf etwa 500 Meter Länge zwischen Rathenaustraße und Manforter Straße.

Viele Wohnhäuser, die St. Hildegard-Kirche (hier ist der Wochenmarkt), der katholische Kindergarten und der Hindenburgpark liegen an der relativ zentralen Straße. In der Nähe liegt ein Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem ein Jugendtreff untergebracht ist. Wupsi-Fahrgäste werden täglich auf mehreren Buslinien mit der Haltstelle "Hindenburgstraße" an die Historie erinnert.

Straßenumbenennung scheiterte

Die Straße wurde 1915 nach dem Generalfeldmarschall Hindenburg benannt. Einen Straßenumbenennungsversuch gab es zuletzt im September 2011. Dauer-Bayer-Kritiker versuchten, die Namensänderung für die Carl-Duisberg-Straße zu erreichen. Die sogenannte Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) wirft dem ehemaligen Generaldirektor die enge Zusammenarbeit mit den Nazis und anderes vor. Der Leverkusener Stadtrat lehnte eine Änderung des Straßennamens unter anderem wegen der Verdienste Carl Duisbergs für Leverkusen ab.

Die Straßenumbenennung in Münster wurde vom dortigen Stadtrat mit 53 zu 23 Stimmen entschieden. Die CDU zählte zu den Umbenennungsgegnern. Nicht so der Münsteraner CDU-Oberbürgermeister Markus Lewe. In der digitalen Zeitung RP Plus wird er zitiert: "Hindenburg steht persönlich und unmittelbar im Verhängnis historischer Entscheidungen, die zu unermesslichem Leid und Elend geführt haben. Er kann kein politisches Vorbild sein. Ihm gebührt keine öffentliche Ehrung."

Schon in einem Brief vom 26. Juni 1947 stellte der damalige Regierungspräsident von Münster unter anderem fest: "Die Beibehaltung der Straßen-, Platz- und Schulbezeichnungen mit dem Namen Hindenburg ist daher mit den wiedergegebenen Bestimmungen des Kontrollratsgesetzes nicht zu vereinbaren." Damit bezog sich der Regierungspräsident auch auf eine Anweisung des NRW-Innenministeriums vom 8. Februar 1947. Umgesetzt wurde die Anweisung bis 2012 nicht. Münster hat die Hindenburg-Entscheidung aufwändig vorbereiten lassen und im Internet dokumentiert.

Kritisches Bewusstsein wächst

Die Liste der Argumente dafür und dagegen ist lang. Die Umbenennungsgegner sagen, Straßennamen gehörten zur Erinnerungskultur. Dass es Diskussionen um Hindenburg und andere gebe, werde durch "neue Erkenntnisse der Forschung auch über Akteure der zweiten und Dritten Reihe" gestützt, sagt dazu Rainer Pöppinghege, Historiker der Universität Paderborn, nach dem RP Plus-Bericht. Zudem wachse das kritische Bewusstsein der Bevölkerung. In Münster geht der Namensstreit wohl weiter. Es soll ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung geben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort