Leverkusen TMD verlässt Leverkusen nicht ganz

Leverkusen · TMD Friction verlagert seine Produktion nach Essen. Rund 500 Mitarbeiter sind betroffen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Einige Abteilungen bleiben hier.

 TMD-Geschäftsführer Berthold Schlinge zeigt einen Bremsbelag, den das Unternehmen herstellt. Es will in Essen eine neue Produktionsstraße bauen.

TMD-Geschäftsführer Berthold Schlinge zeigt einen Bremsbelag, den das Unternehmen herstellt. Es will in Essen eine neue Produktionsstraße bauen.

Foto: Uwe Miserius

Fit für die Zukunft will sich die TMD Friction EsCo GmbH (früher Textar) machen. Das bedeutet für den Hersteller von Automobil-Bremsbelägen: Die Fabrik in Essen wird mit einem Aufwand von rund 50 Millionen Euro ausgebaut - und die Produktionsstätte in Leverkusen aufgegeben. Betroffen von dieser tiefgreifenden Veränderung sind rund 500 Mitarbeiter, etwa die Hälfte der TMD-Beschäftigten an der Schlebuscher Straße, teilte das Unternehmen gestern mit.

Als im September 2014 diese Investitionsentscheidung des japanischen Eigners Nisshinbo Group Company fiel, war zunächst helle Aufruhr bei den Mitarbeitern. Jetzt, zwei Jahre später, sieht es nicht mehr ganz so dramatisch aus, zumal sich Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaften nach langen Verhandlungen - und zuletzt auch mithilfe einer Einigungsstelle - auf einen umfangreichen Sozialplan geeinigt haben. Ende 2018 soll der Umzug der Produktion vollzogen sein.

Zuvorderst können die Mitarbeiter von sich aus das Arbeitsverhältnis auflösen; dazu werden ihnen Abfindungen angeboten, die gestaffelt sind nach Lebensalter und Betriebszugehörigkeit. Am meisten Geld können 55 bis 59 Jahre alte Mitarbeiter mit langer Zugehörigkeit erhalten: ein Monatsgehalt für jedes Jahr Arbeit im Betrieb.

Aber auch, wer seinem Job künftig in Essen nachgehen will, erfährt Unterstützung wie Fahrtkostenerstattung, einen Bustransport oder Kostenbeteiligungen bei notwendigem Führerschein, Zweitwohnsitz oder Umzug. Betriebsbedingte Kündigungen gibt es laut TMD nicht.

Was das die Firma unter dem Strich kostet, vermochte Berthold Schlinge, Geschäftsfüher der TMD Friction EsCo GmbH, gestern nicht zu sagen: "Dazu sind die Angebote zu unterschiedlich. Auch wissen wir nicht, wie sie in Anspruch genommen werden." Das habe die Verhandlungen so schwierig gemacht.

Zugleich betonte Schlinge (48), der 1996 als Anwendungsingenieur in der Firma anfing, auf einer Betriebsversammlung nochmals die Notwendigkeit einer neuen Produktion am Essener Stadthafen: mehr Platz und bessere Verkehrsanbindung (Wasser, Schiene, Straße). Damit kann vor allem der Materialfluss wesentlich kostenstündiger dargestellt werden. Die Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen bleiben erhalten. Das ist auch dem Umstand geschuldet, hier die Fachleute zu haben und näher an den Kunden, den Automobilherstellern, zu sein.

In der Fixheide bleiben Abteilungen wie das Ingenieur-Wesen, Service und Nachkundenbetreuung. Nicht ganz unwichtig, zeichnet sich in der Automobilindustrie ein tiefgreifender Umbruch ab. Die großen Auto-Konzerne denken intensiv über das Elektroauto nach, das 2025 bereits ein Viertel des Marktes ausmachen soll. Für TMD als Hersteller von Bremsbelägen bedeutet das, darüber nachzudenken, inwieweit sich die Elektromotoren für eine Geschwindigkeitsreduzierung einsetzen lassen.

Aktuell geht es TMD darum, den Kupfer-Anteil an den Bremsbelägen, der noch bei etwa 17 Prozent liegt, durch umweltschonendere Materialien zu ersetzen. Dazu müssen neue Produktionsstraßen aufgebaut werden - und zwar in Essen, weil der Platz dafür in Leverkusen nicht reicht. Die 37.000 Quadratmeter großen Hallen in der Fixheide will TMD verkaufen oder vermieten.

(sg-)
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