Leverkusen "Tod dem Verräter - der Fall Lutz Eigendorf"

Leverkusen · Er galt als linientreu, dennoch hat DDR-Nationalspieler Eigendorf rübergemacht. Ein Abend beleuchtet seinen ungeklärten Unfalltod.

 31. Juli 1979: Lutz Eigendorf wird als Neuzugang des 1. FC Kaiserslautern abgelichtet. Vier Jahre später stirbt er unter mysteriösen Umständen.

31. Juli 1979: Lutz Eigendorf wird als Neuzugang des 1. FC Kaiserslautern abgelichtet. Vier Jahre später stirbt er unter mysteriösen Umständen.

Foto: imago

Lutz Eigendorf verunglückte am 5. März 1983 bei einem Verkehrsunfall nahe Braunschweig. Zwei Tage später starb der Bundesliga-Fußballer an den Folgen. Die Umstände des Unfalls sind nach wie vor ungeklärt. Bis heute hält sich die Vermutung: Dahinter steckte die Stasi. Eigendorf, "der Beckenbauer des Ostens", hatte Ende der 1970er Jahre aus der DDR in den Westen rübergemacht.

Er hatte sich nach einem Freundschaftsspiel zwischen dem "Stasi-Klub" BFC Dynamo Berlin, dem Lieblingsverein von Stasi-Chef Erich Mielke, und dem 1. FC Kaiserslautern bei einem Stadtbummel in Gießen von der Mannschaft getrennt. Eigendorf war in ein Taxi nach Kaiserslautern gestiegen, lebte zunächst unter falschem Namen, fand Unterschlupf beim Geschäftsführer des Kaiserslauterner Vereins und ließ sich dort anwerben. Während er in der Bundesrepublik Fuß fasste, wurden Devotionalien mit seinem Konterfei in der DDR vernichtet. Was auf die Flucht folgte, war eine Kettenreaktion - spannend wie ein Krimi: Bis zu 50 hauptamtliche und 20 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) der Stasi waren auf ihn und auf seine in Ost-Berlin mit der Tochter zurückgebliebenen Frau angesetzt; man drohte, das Kind wegzunehmen, isolierte sie von ihrem Mann. Ein IM ließ sich auf eine Liebesbeziehung zur Eigendorf-Frau ein, um sie bespitzeln zu können. Andererseits bekam der Fußballer das Angebot, in die DDR zurückzukehren - mit dem Versprechen einer Amnestie. Als das scheiterte, erließ man Haftbefehl gegen ihn.

Eigendorf etablierte sich nach einer Fifa-Sperre als Fußball-Profi am Betzenberg. 1982 wechselte der Kicker zu Braunschweig. Am Abend seines Todes hatte Lutz Eigendorf von der Ersatzbank aus dem Spiel gegen den VfL Bochum zugesehen. Als er später in den Wagen stieg, fuhr er mit seinem Alfa Romeo wohl unangeschnallt auf regennasser und kurvenreicher Fahrbahn in den Tod: Er kam von der Straße ab, prallte mit dem Wagen vor den Baum, wurde schwer verletzt.

"Schon deshalb wurden kurz nach dem Tod von Lutz Eigendorf Stimmen laut, die Fremdeinwirkungen beim Unfall nicht ausschließen. 1990 kommt aus BND-Kreisen die Theorie auf, ein Kontaktgift sei auf die Türklinke von Eigendorfs Wagen geschmiert worden. Das habe ihn betäubt, schreibt der Arbeitskreis Literatur, der - nach dem bewegenden Schicksal des DDR-Grenzers Manfred Smolka Anfang des Jahres - dem Fall Eigendorf im Oktober einen Abend widmet. Der ehemalige Staatsanwalt Dr. Hans-Jürgen Grasemann wird im Stadioneck den Unfall und die Theorien zu dessen Hintergründen beleuchten. Vorab zeigt der Arbeitskreis, unterstützt von KulturStadtLev und dem Verein Nordkurve 12, den Film "Tod dem Verräter" von Heribert Schwan.

"Tod dem Verräter - der Fall Lutz Eigendorf" Donnerstag, 27. Oktober, 19 Uhr, Stadioneck, Karl-Marx-Str. 36.

(RP)
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