Leverkusen Über die Besonderheit der Flüchtlingsaufnahme in Schulen

Leverkusen · Eine Woche vor Weihnachten hat die Marienschule Opladen den ersten Flüchtling aufgenommen. Nach den Ferien beginnt der Unterricht für den 17-Jährigen, der alleine in Deutschland angekommen ist und in einer Pflegefamilie lebt.

Er spricht vier Sprachen, allerdings noch fast kein Deutsch. Trotzdem wird er ganz normal am vorgesehenen Unterricht teilnehmen, sagt Schulleiter Dr. Dieter Miedza. Neben dem zusätzlichen Sprachkurs werde man bei Bedarf am Nachmittag einzelne Inhalte nacharbeiten. Es gibt eben kein Patentrezept für den Umgang mit Flüchtlingsschülern, man will jedem individuell gerecht werden.

Damit verfolgt Miedza dieselbe Strategie wie seine Kollegen in den anderen 31 erzbischöflichen Schulen. "Wir wollen Schülern die Chance geben, im deutschen Bildungssystem anzukommen", erklärt Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke, zuständig für Schulen und Hochschulen des Erzbistums. Während die staatlichen Schulen Flüchtlingskinder in internationalen Förderklassen zusammenfassen, werden sie hier auf bestehende Klassen verteilt und bilden nur beim Sprachunterricht eine eigene Gruppe.

Bisher sind es erst 40 Schüler im Erzbistum Köln, nächsten Jahr sollen es wenigstens 750 sein. Als Ersatzschulen bekommen katholische Einrichtungen nicht automatisch Zuweisungen, sondern müssen aktiv werden wie die Bonner Liebfrauenschule. Das Mädchengymnasium war in der Hinsicht Vorreiter. Dort wurden bereits 15 Mädchen aufgenommen. Schulpfarrer Dominik Schultheis und seine evangelische Kollegin Wibke Janssen sprachen beim Empfang des Erzbischofs über die ersten Erfahrungen.

"Wir lernen laufen wie kleine Kinder" gaben sie zu, denn junge Menschen verschiedener Religionen und Kulturkreise zu integrieren, das bedeutet weitaus mehr, als Sprachkompetenzen zu vermitteln. Obwohl das schon ein Riesenthema sei, weil es an qualifiziertem Personal fehle. Der Markt sei leer gefegt.

In Bonn hatte man Glück, denn eine Mutter ist Uni-Dozentin für "Deutsch für Ausländer" und stieg ehrenamtlich ein. Die Idee, dass sich die Schüler um die gleichaltrigen Neuankömmlinge kümmern, funktioniert dort. Sie erfanden beispielsweise einen virtuellen Kleiderschrank, wo Angebot und Bedarf abgestimmt werden, so dass man keinen Platz für Kleiderkammern braucht. Schülerinnen packten auch Kulturbeutel für Flüchtlinge und überreichten sie - diskret. Natürlich laufe nicht alles glatt. Ein Riesenthema sei der pünktliche Schulbeginn. Eine Plätzchenbackaktion hatte man dummerweise während der jesidischen Fastentage angesetzt. Aber man lerne hinzu.

Erfahrung mit Flüchtlingen und Schülern anderer Kulturen und Religionen hat man in der Marienschule schon. Dort gibt es längst muslimische wie auch jezidische Schüler. In einer anderen Religionszugehörigkeit sieht Miedza nicht das Problem, eher darin, die richtige Schulform zu finden. Das nimmt er sehr ernst, weil er vermeiden will, dass Schüler nach dem Verlust der Heimat und den Strapazen der Flucht hier von einer Schule zur nächsten geschoben werden.

In Schulräumen findet bereits ein Deutschkurs statt, in Trägerschaft von Katholischem Jugendamt und Stadt. Man habe sich auf gemeinsame Pausenzeiten geeinigt, so dass sich die Schüler auf dem Hof treffen. Im Nebenhaus wohne eine Flüchtlingsfamilie, sagt Miedza, und im Sommer habe man ein Begegnungsfest gefeiert. Kürzlich wurde eine neue Sportgruppe eingerichtet, in der Flüchtlinge und Oberstufenschüler der Marienschule gemeinsam trainieren.

(mkl)
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