Leverkusen Vielen stehen auch Heimweh und Sorgen im Weg

Nicht jeder junge Flüchtling ist in der Lage, seine Chance auf einen Neuanfang in Deutschland so zu ergreifen, wie es Husein Atat gelungen ist: Das weiß seine Lehrerin Sarah-Louise Rowe zu berichten, die ihn seit seinen ersten Schritten in der internationalen Klasse kennt. Seitdem Husein seine Berufsausbildung begonnen hat, haben sich Lehrerin und Schüler zwar aus den Augen verloren. Dafür kann sie jetzt auch umso mehr seine Fortschritte erkennen: "Er spricht viel flüssiger Deutsch. Man merkt, dass er Fuß gefasst und viele soziale Kontakte geknüpft hat", lobt die Lehrerin.

Es gebe leider aber auch viele Flüchtlingsjugendliche, die vor Heimweh und Sorgen um ihre Verwandten und Freunde im Ursprungsland "in Gedanken ganz woanders" seien. Sie könnten sich nicht einlassen auf die neue Umgebung und demzufolge auch nicht auf den Unterricht konzentrieren. "Die Vergangenheit steht ihnen im Weg", bedauert Rowe. Seine Vergangenheit hatte natürlich auch der junge Libanese zu bewältigen. Er sagt aber: "Ich blicke nicht zurück, ich schaue nach vorne." Er und seine Familie hätten Fürchterliches erlebt, viele Tote gesehen und viel Angst gehabt.

Aber das sei für ihm abgeschlossene Vergangenheit: "Hier in Deutschland hat jeder eine sehr große Chance, aber man muss auch Eigeninitiative aufbringen", hat der 23-jährige festgestellt. Er möchte anderen Flüchtlingen Mut machen: "Es ist nicht schlimm, wenn man beim Deutschsprechen Fehler macht. Sprecht die Leute an und fragt, was ihr falsch macht. So habe ich gelernt", erzählt und appelliert er und verrät dann noch mit viel Humor, wie er mittlerweile sogar mit Dialekten umzugehen versteht: "Wenn ich im Geschäft an der Kasse sitze, dann sprechen zwar alle Deutsch mit mir. Aber ich kann an der Aussprache erkennen, woher die Leute kommen."

Husein gibt zu, dass sein häusliches Umfeld und wie er im Libanon groß geworden ist, den Neustart in einem fremden Land erleichtert haben. Es sei immer viel Wert auf Bildung gelegt worden: "Wenn ich im Libanon geblieben wäre, hätte ich sicher studiert", blickt er zurück, fügt aber sofort hinzu: "Ich mache jetzt meine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann fertig. Und danach lerne ich bestimmt noch einen weiteren Beruf - oder ich studiere doch noch."

(gt)
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