Leverkusen Vorwurf: Altenheime sparen beim Essen

Leverkusen · Die Altenheim-Gutachterin Dorothee Schmitz hat einen Missstand bei vielen Einrichtungen ausgemacht. Die Heime geben demnach zwar relativ hohe Verpflegungs-Pauschalen an, doch nur ein Drittel landet auch als Essen auf dem Teller.

Dorothee Schmitz hat die Szene noch genau vor Augen: Es war in einer Caféteria eines Altenheims im Großraum Köln-Leverkusen. "Da bekamen die Senioren zur Kaffeezeit Apfelkuchen serviert", erinnert sich die Leichlingerin. Der sah auch gar nicht mal so unappetitlich aus: "Doch als die alten Leute mit der Gabel ihr Stück genießen wollten, bekamen sie es nicht durchgetrennt. Der Kuchen war schlichtweg tiefgefroren serviert worden."

Dorothee Schmitz ist nicht irgendeine Besucherin: Sie führt im Auftrag der Heimverzeichnis gGmbH (Gesellschaft zur Förderung der Lebensqualität im Alter und bei Behinderung) Altenheim-Checks durch. Ihr vorrangiges Ziel ist die Sicherung von Lebensqualität für ältere Menschen, die in Heimen leben.

Schmitz verteilt "Grüne Haken". Heime, die diese Qualitätsauszeichnung besitzen, gelten als Häuser, die auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Menschenwürde großen Wert legen. Wer das Prädikat erhalten will, das auch im Internet bei der Suche nach besonders guten Seniorenheimen als wichtiger Faktor gilt, muss sich allerdings jährlich einer großen Prüfung stellen.

Doch selbst bei Heimen, die diesen Haken besitzen, hat die Gutachterin jetzt Kritikpunkte beim Thema Essen ausgemacht. "Wenn man auf unserer Homepage die Preise der einzelnen Heime aufruft, findet man tägliche Verpflegungs-Pauschalen von 10 bis 15 Euro angegeben", berichtet sie. Doch gerade mal ein Drittel der Summe lande tatsächlich auf den Tellern der Heimbewohner.

"Wenn man die Heimleitungen darauf anspricht, bekommt man immer zur Antwort, dass auch andere Kosten wie etwa für das Küchenpersonal aus diesem Topf bestritten werden", berichtet Dorothee Schmitz weiter. Dies sei für den Außenstehenden, der für sich oder seine Angehörigen ein Altenheim aussuche, nicht zu erkennen: "Und es ist ein großer Unterschied, ob man zwölf oder vier Euro für Essen ausgibt, bei Frühstück, Mittag, Kaffee, Zwischenmahlzeit und Abendessen." Erst recht, wenn man wisse, dass gerade die Mahlzeiten im Tagesablauf der Senioren ein absolutes Highlight darstellen. "Darüber", sagt Schmitz, "gibt es sogar wissenschaftliche Untersuchungen". Hans Pürstner ist Koch und Autor des Buches "Kochen im Altenheim". Auf seiner Internet- Homepage tauschen Köche neue Rezepte und Speisepläne aus und machen sich Gedanken, wie der Alltag der Senioren durch Speisen abwechslungsreicher gestaltet werden kann. Auch er bemängelt: "Wir Köche sind dem Diktat des Küchenbudgets ausgeliefert, sollen mit unseren vier, fünf Euro pro Tag einem Bewohner Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen sowie das Abendbrot liefern, und das mit möglichst vielen Highlights." Er appelliert dennoch an seine Kollegen: "Nun sind unsere Kunden eben Senioren, denen wir aber nicht einen Deut weniger Aufmerksamkeit widmen dürfen."

Auch Dorothee Schmitz weiß das Engagement vieler Köche in den Altenheimen zu schätzen. Sie ist allerdings auch davon überzeugt, dass es ihnen nicht schadet, wenn die Heime gegenüber den Angehörigen mit offenen Karten spielen. " Wenn ich einen Betrag angebe, in Wahrheit aber nur ein Drittel von der angegebenen Summe tatsächlich beim Bewohner landet, ist es ein Stück weit unehrlich", beklagt die Gutachterin.

Auch Pürstner betont: ob Geschäftsleute, Sportler, Feinschmecker, figurbewusste Damen oder Senioren - es sind alles Kunden."

(RP)
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