Leverkusen/Köln Wenn Behlau kommt, war der Einbrecher schon da

Am nächsten Morgen wirkt alles wie immer. Einfamilienhäuser, gepflegte Vorgärten und eine Briefträgerin, die wie gewohnt ihrer Arbeit nachgeht, vermitteln Normalität. Aber die herrscht nur ringsherum, nicht in Hausnummer sechs, wo Michael Behlau die Treppe zum Eingang hinaufsteigt. Behlau ist bei der Spurensicherung der Kölner Polizei. Wo er beruflich auftaucht, da ist nichts wie immer, da war das Verbrechen zu Gast.

Diesmal, und das ist nicht unbedingt üblich, erwartet ihn ein recht unaufgeregter Hausherr. Der kam am Vorabend nach Hause, "und da war das Licht an, Schubladen und Terrassentür standen auf". Kurz habe er überlegt, ob er das am Morgen so hinterlassen habe, bevor ihm klar wurde, dass sich Einbrecher zu seiner Wohnung Zutritt verschafft hatten. Das sei kein gutes Gefühl. "Aber es ist keine Panik bei mir ausgebrochen", sagt er. Und: "Dafür ist man ja versichert."

In der Zwischenzeit hat Behlau seine Arbeit aufgenommen. Klar ist: Der Täter gelangte durch den Garten - die Spuren im Gras legen nahe, dass es nur einer war, der über ein aufgehebeltes Fenster ins Haus kam. "Da, wo der Täter angefangen hat, fange ich auch an", sagt Behlau und holt seine drei ständigen Begleiter aus der schwarzen Tasche: Pinsel, Taschenlampe, Klebefolie. Er pinselt über den Fußboden, schaut sich die Stellen im Lichtschein an - und findet, was er sucht: Fußabdrücke, die er mit der Klebefolie sichert.

Bis dahin war noch nicht vollends klar, was gestohlen wurde. Zwei Uhren, eine Kamera und ein Navi fürs Motorrad, ein Notebook sowie ein bisschen Bargeld sind in jedem Fall weg. "Aber ich habe noch nicht alles durchgesehen", berichtet der Hausherr bei unserem Besuch. Irgendwie habe er damit gerechnet, dass er mal Opfer von Einbrechern werde. "Ringsherum wurde eingebrochen, bislang blieb ich immer verschont." Er sei jetzt froh, dass nichts kaputt gemacht wurde: "Bei Bekannten haben Einbrecher alles kurz und klein geschlagen."

Behlau hat sich zum Fenster vorgearbeitet. "Die Spuren deuten auf einen Schraubendreher hin." Der sei zwischen Fenster und Rahmen gesteckt worden, dann mit dem ganzem Körper oder Muskelkraft so lange gedrückt worden, bis die Verriegelung nachgab. Behlau pinselt und leuchtet. Am Rahmen, ein kleines Stück neben dem Griff, zeichnen sich dunkle Fingerabdrücke ab. Wären sie verwertbar, würde er sie zum Abgleich ans Landeskriminalamt schicken. Aber diese beiden nicht. "Die sind verwischt, die bringen uns nicht weiter", sagt Behlau und packt seine Tasche. Er schaut sich noch die Griffe der Schubladen an, an denen sich der Täter zu schaffen machte. Aber er wird nichts mehr finden, was ihm und seinen Kollegen helfen könnte.

Den betroffenen Hausherrn beschäftigt unter anderem eine Frage: "Der Täter hat ja gesehen, dass es hier große Elektrogeräte gibt. Wie wahrscheinlich ist denn, dass jemand demnächst mit einem Wagen vorfährt und noch mal eingebrochen wird?" Nach Einschätzung der Polizei: nicht sonderlich wahrscheinlich. Zumindest sei so ein Vorgehen selten. Meist seien solche Täter darauf aus, rasch ins Haus zu kommen, niemandem zu begegnen und Beute zu machen, die schnell veräußert werden kann.

Trotzdem zieht bald in dieses Haus mehr Sicherheit ein. Das aufgehebelte Fenster sei eine Schwachstelle: Es ist von der Straße nicht einsehbar - und das Fliegengitter war auch kein Schutz. Womöglich kommt bald ein richtiges Gitter dahin. "Das wäre nicht schön, aber sicher", sagt der Hausherr. Er denkt auch über Alarmanlage und Kameras nach.

Der Spurensicherer steigt inzwischen die Treppe hinunter. Ein Tatort beschäftigt Behlau normalerweise zwischen zehn und 30 Minuten; auf ein halbes Dutzend kommt er pro Arbeitstag. Diesmal gab es nur Fuß- und verwischte Fingerabdrücke zu holen. Nicht eben viel.

(RP)
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