Leverkusen
Wenn das Sehen durch Tasten, Riechen und Hören ersetzt wird
"Mein Mann hat früher an den Wochenenden schon immer gerne gekocht, jetzt macht er es jeden Tag. Und ich versuche noch, etwas zu helfen. Aber dabei habe ich auch schon mal Salz und Zucker verwechselt", gibt sie lachend zu.
Bis zu Beginn ihrer Augenerkrankung und dem schleichenden Verlust ihrer Sehkraft war Ulrika Fiebrandt als Hauswirtschafterin in einem Krankenhaus beschäftigt: "Mein Arbeitgeber hat alles versucht, aber irgendwann konnte ich trotz aller Hilfen nicht mehr arbeiten. Wenn man nicht genug sieht, kann man zum Beispiel keine Sauberkeitskontrollen machen", erläutert Fiebrandt. Und ihr Mann fügt hinzu: "Es gibt Fälle, da verlieren Patienten innerhalb von einer Woche das komplette Augenlicht. Wir konnten uns wenigstens langsam daran gewöhnen."
Ulrika Fiebrandt gewinnt ihrer Behinderung sogar eine positive Seite ab: "Mein Mann und ich sind zum Tandemfahren gekommen und haben einen völlig neuen Freundes- und Bekanntenkreis gewonnen. Unter den Tandemfahrern sind nur zwei Blinde", erzählt sie.
Die ersten zwei Jahre ihrer fortschreitenden Sehbehinderung habe sie das Fahrradfahren besonders vermisst: "Eines Tages saßen wir auf dem Balkon und sahen ein Tandem vorbeifahren. Dann haben wir uns erkundigt und gestaunt, wie viele Tandemfahrer es hier in der Region gibt", erzählt Horst Fiebrandt. Für ihre positive Lebenseinstellung hat die 52-Jährige ein Motto: "Ich sage mir immer, es gibt Leute, die sind viel schlechter dran als ich." Mit dem Blindenstock bewegt sich Ulrika Fiebrandt alleine aus dem Haus: "Ich bin mit dem Stock auch alleine in Opladen oder Wiesdorf unterwegs", sagt sie.
Und in Räumen, die sie nicht kennt, tastet sie sich zuerst vor: "Dann dürfen die Dinge nur nicht anders hingestellt werden, dann falle ich darüber", gibt Fiebrandt zu. Ganz alleine hat sie mit Hilfe ihres Tastsinnes aber sogar noch eine wunderschöne Winterlandschaft als Weihnachtsdekoration auf einer Kommode aufgebaut.
Ulrika Fiebrandt engagiert sich auch ehrenamtlich. Sie hat sich zur Beraterin ausbilden lassen und wird die Präsenzzeiten durch ihre Mitarbeit in der Geschäftsstelle des Blinden- und Sehbehindertenvereins Rhein-Wupper ergänzen. "Ich möchte für Menschen da sein, die durch die Diagnose geschickt sind und Angst haben, was auf sie zukommt, wenn sie nicht mehr sehen können."
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