Analyse Wenn der Bürger nur nicht so stören würde

Leverkusen · Vom vielschichtigen Umgang der Lokalpolitiker mit dem Leverkusener Einwohner

Stadtratssitzungen, Ausschüsse und Versammlungen der Bezirksvertretungen sind nicht gerade Publikumsmagneten. Die Kommunalpolitiker diskutieren, streiten und beschließen fast immer unter Ausschluss ihres Volkes. Ein ziemlich elitärer Kreis, der sich außerhalb der Wahlkämpfe in den leicht abgeschotteten Hallen des Rathauses trifft, um über das Wohl für Stadt und Bürger zu entscheiden.

Sitzen dann tatsächlich mal Bürger im Zuschauerbereich, wirken einige Politiker leicht aufgekratzt, wollen mit feinen Redebeiträgen für ihren Wahlkreis besonders bürgernah auftreten oder zeigen ihr Unwohlsein über die ungewohnte Beobachtung und lassen den Einwohner seine Macht spüren. Will der Bürger sogar noch Rederecht in einem Ausschuss, dann bitte nur mit Antrag unter Beachtung des Dienstweges. Die Redezeit wird dann gern gleich auf fünf Minuten begrenzt. Spontan geht da gar nichts. "Halt die Schnüss, unsere (selbst beschlossenen) Regeln sehen mitredende Bürger nicht vor", verkünden die Versitzenden der Gremien meist in unterschiedlich scharfem Ton, wenn auch etwas netter formuliert. Ups, der Bürger stört, wenn er sich rührt und für seine Rechte kämpft, signalisieren nicht wenige Politiker.

Sie haben offenbar das Gefühl dafür verloren, dass sich Bürger oft mit den Regularien des offiziellen Politikbetriebes nicht auskennen. Und dass Bürger, vor deren Tür beispielsweise eine Straße ausgebaut werden soll, schon mitreden wollen, was da so alles gemacht wird. Ist doch verständlich: Der Bürger muss diese Projekte auch bezahlen. Und dass Bürger empört sind, wenn ihre gewählten Politiker mal Unsinn reden, weil sie die Örtlichkeiten oder Zusammenhänge nicht kennen, ist sehr verständlich.

Die Lösung zu einem besseren Miteinander ist so einfach, die Bezirksvertretung III hat es vorgeführt: Als der Vorsitzende Frank Schönberger regelgerecht den Bürgern eine Redezeit verweigerte, stellte ein Politiker den Antrag, sie doch zu gewähren. Und siehe da: Der Vertreter einer Straßengemeinschaft durfte seine Sicht der Dinge zum Straßenprojekt erzählen. Ging schnell, tat nicht weh. Na also, geht doch.

Natürlich werden die Stadträte jetzt kritisieren, dass sie ihre Arbeit auch erledigen müssen, dafür seien sie schließlich gewählt worden. Richtig, aber meist würde es reichen, wenn die Politiker nicht so weit parlieren, vor allem sich nicht ständig wiederholen würden, dann bliebe auch Zeit, Bürger reden zu lassen. Sonst gewinnt das Volk den Eindruck, es werde nur kurz vor der Wahl hofiert und gebraucht. Ein eklatantes Beispiel von Bürgerunfreundlichkeit lieferte jetzt der Beschwerdeausschuss: Als eine Bürgerin zwar Rederecht zu ihrem Verbotsantrag für Bordellwerbung hatte, hörten die Politiker nicht einmal zu. Einige schwatzten sogar mitein-ander. Die Politiker hatten aber ohnehin ihre Meinung schon vorgefasst, was sich daran zeigte, dass sie die neuen Fakten, die die Bürgerin vorbrachte, überhaupt nicht beachteten. Sie wurden nicht diskutiert, vielleicht noch nicht mal wahrgenommen. Dabei hatte sich die Bürgerin doch sogar für die Aufmerksamkeit der Zuhörer bedankt.

Manchmal wäre es eben bitternötig, wenn sich die Politiker vergegenwärtigten, dass sie auch "nur" Bürger, wenn auch von den Bürgern gewählte Vertreter sind. Und dafür gibt's nicht nur Sitzungsgelder und Pöstchen, sondern vor allem Verantwortung und Verpflichtung, die Bürger und ihre Belange ernst zu nehmen. Dazu gehört in erster Linie das Anhören und das Zuhören! Einige Politiker haben diese Tugend verloren.

(RP)
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