Leverkusen Wie es ist, ein "Schwarzer" zu sein

Leverkusen · Der Fußball-Schiedsrichter Bernd Heynemann erzählte im Bayer 04-Fantreff "Stadioneck" über seine Anfänge als Schiedsrichter in der DDR. Er las aus seinen spannenden Memoiren "Momente der Entscheidung".

 Der gebürtige Magdeburger Bernd Heynemanns (60) plauderte in "charmantem Sächsisch" über seine Erlebnisse auf den Sportplätzen der DDR und später bei der Bundesliga.

Der gebürtige Magdeburger Bernd Heynemanns (60) plauderte in "charmantem Sächsisch" über seine Erlebnisse auf den Sportplätzen der DDR und später bei der Bundesliga.

Foto: Heinz-Friedrich Hoffmann

98 DDR-Oberligaspiele, 151 Bundesligapartien, Schiedsrichter des Jahres und dazu Träger des Bundesverdienstkreuzes - die Liste der verschiedenen Auszeichnungen und Leistungen von Bernd Heynemanns (60) ist lang. Als internationaler Top-Schiedsrichter leitete er jahrelang die Geschicke des europäischen Profifußballs. Im voll besetzten "Stadioneck" des Leverkusener Fandachverbandes NK12 las Heynemann aus seinen Memoiren "Momente der Entscheidung".

"Trainer, Spieler, und Manager waren schon da. Ein Schiri ist ein Novum", sagte Ulrich Wissing, Organisator von NK12 zur Begrüßung. "Ich sehe schon, es sind natürlich viele Schiedsrichter da."

Dann legte der gebürtige Magdeburger und mittlerweile Bundestagsabgeordneter los. In charmantem Sächsisch berichtete er von den Anfängen als Unparteiischer und den Auswirkungen des DDR-Regimes auf den Sport. "Früher gab es nur Fußballschuhe und schwarze Stutzen zu kaufen. Den Rest der Schiedsrichterbekleidung musste ich mir selbst herstellen", erzählte Heynemann vom Beginn seiner Spielleiter-Laufbahn. Ein schwarzes Hemd mit selbst angenähtem, weißem Kragen und eine abgeschnittene schwarze Hose mussten so herhalten. "Damit war man auf dem Platz natürlich eher keine Respektsperson." Das Publikum hatte er da schon gleichsam fasziniert und schockiert von den Zuständen in der DDR. Unglaublich auch die Geschichte, wie Heynemann zum ersten internationalen Spiel nach Bilbao flog. Fünf Tage sei er unterwegs gewesen. "Weil es für die Reise für den Verband von der UEFA Kilometergeld gab. Also westliche Devisen", erklärte er und musste dem immer noch skeptischen Publikum bekräftigen: "Das war wirklich so." Auch bei einer Fortbildung in Italien sei das so gewesen. "Berlin, Prag, Wien, Mailand, Pisa war meine Route. Da war ich 24 Stunden unterwegs."

Nach der Wiedervereinigung pfiff Heynemann dann in der Bundesliga. Dort traf er Thomas Gottschalk und Harald Juhnke an Hotelbars, wurde Beteiligter eines vermeintlichen Bestechungsversuches und handelte die Entlohnung der "Männer in Schwarz" herauf. "70 D-Mark bekamen wir früher pro Spiel. Auch für Pokalfinals mit Verlängerung und Elfmeterschießen: 70 D-Mark." Als Heynemann 1500 Euro pro Spiel vorschlug, hätten seine Kollegen nur gelacht. Ein Irrtum: "Bis zu 6000 Euro haben wir hinterher pro Spiel verdient. Immer noch wenig, im Vergleich zu den Spielern."

Von derartigen Gehältern kann David Schuch (18) im Moment noch nur Träumen. Schuch ist einer der Schiedsrichter im Publikum und mit seiner Förderkreisgruppe um Schiri-Ausbilder Christoph Leven (39) da.

"Er kommt gut an, auch menschlich. Das erleichtert auf dem Platz sicher vieles", meint Schuch. Besonders interessant fanden die Schiris aus dem Kreis Niederrhein aber die Schilderungen von den Reisen. "Das", sagt Leven, "wäre heute ja unmöglich."

(jim)
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