Leverkusen Wie Kirchenglocken zu Ostern nach Rom fliegen - ein ewiges Rätsel

Leverkusen · Warum gehen heute zu Ostern weniger Menschen in die Gottesdienste als an Weihnachten? Pfarrer Heinz-Peter Teller hat dazu eine schlüssige Theorie.

 Pfarrer Heinz-Peter Teller spricht über Tod und Auferstehung.

Pfarrer Heinz-Peter Teller spricht über Tod und Auferstehung.

Foto: UM

Viele Menschen nutzen die Osterfeiertage gerne zum Verreisen, so lässt sich optimal mit wenigen Urlaubstagen eine ganze Woche lang frei machen. Für viele hat das kirchliche Fest an Bedeutung verloren, immer weniger wissen, was da eigentlich gefeiert wird. Anders als am Heiligen Abend jedenfalls, wo es auch jene in die Gottesdienste zieht, die sich eigentlich von der Kirche entfernt haben.

Pfarrer Heinz-Peter Teller wundert das nicht. "Weihnachten ist ja sehr viel romantischer", sagt er. Das neugeborene Kind in der Krippe bediene die tiefe menschliche Sehnsucht nach Harmonie. Auch wenn sich die hohen Erwartungen in der Wirklichkeit nicht unbedingt erfüllen, weswegen es gerade an Weihnachten besonders oft zu Familienstreitigkeiten kommt. "Ostern ist dagegen ein ganzes Stück herber, denn da geht es um Tod und Auferstehung", sagt der Pfarrer und Stadtdechant. Gedanken an den Tod schiebt man möglichst beiseite. Und wenn im Familien- und Freundeskreis nicht gerade jemand ernstlich erkrankt sei, gerate die Endlichkeit des irdischen Lebens ebenso in Vergessenheit wie die Erkenntnis, dass man etwas dafür tun muss.

In Kriegszeiten sei den Leuten der Tod täglich bewusst gewesen. Oder die Menschen im Mittelalter, die größtenteils mit Armut und Krankheit zu kämpfen hatten und nicht sicher sein konnten, einen harten Winter oder die Geburt eines Kindes zu überleben.

Der Glaube jener Menschen, die unter dem Eindruck lebten, die Erde sei ein dumpfes, finsteres Loch, erscheint uns viel intensiver als der der Zeitgenossen. Die westliche Welt habe sich gegenwärtig recht gemütlich eingerichtet und glaube, es gehe auch ohne Gott. Ein echtes Glaubensproblem haben viele, auch manche Christen, mit der Auferstehung von den Toten, weil sie sich die nicht vorstellen können und weil ihnen die Wissenschaft keine Erklärung dafür gibt.

Aber hier geht es um die Grundfragen des Lebens überhaupt: Woher komme ich? Wohin gehe ich? "Das Wichtigste kann man sich nicht vorstellen und nicht erklären", gibt Teller zu bedenken. "Nehmen wir die Liebe zum Beispiel oder das Leben überhaupt." Die Frage sei, was bleibt? Ist der Tod das Ende oder der Übergang zu einem ewigen Leben ohne Leid? "Das ist die Grundentscheidung, die jeder für sich treffen muss", betont er. Es bleibe allerdings immer eine Herausforderung, denn auch für den gläubigen Menschen läuft bei weitem nicht alles glatt und die Sehnsucht nach Leben ist groß.

Dem eigenen Tod in Frieden, mit Ruhe und Gelassenheit entgegenzusehen, erscheint nicht leicht. "Ich gehe oft von solchen Sterbenden nach Hause und denke: Da kannst du dir eine Scheibe von abschneiden." Sie fühlen sich gehalten von der christlichen Botschaft von der Überwindung es Todes, die in der Osternachtfeier durch das Licht symbolisiert wird. Die Osterkerze brennt, sie bringt Licht in die Dunkelheit und jeder Besucher der Heiligen Messe nimmt etwas von diesem Licht mit in seine Wohnung.

Zudem gibt es die akustische Symbolik. In der katholischen Kirche schweigt die Orgel von Gründonnerstag (in der evangelischen vom Karfreitag) bis zur Auferstehungs-Verkündigung in der Osternacht. Das Gleiche gilt für die Glocken. Die fliegen nach Rom und bringen bei der Rückkehr am Ostersonntag den päpstlichen Segen mit, sagt die Legende. Eine nette Geschichte für Kinder, meint Teller.

Er habe sich allerdings immer gewundert, wie die aus dem schmalen Loch im Turm gekommen seien. Eine Frage, sagt Heinz-Peter Teller lächelnd, auf die nicht mal seine Oma eine Antwort wusste.

(mkl)
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