Adventsreihe Haltepunkte Wo Hektik und Geruhsamkeit sich treffen

Leverkusen · leverkusen Der Dezember ist angebrochen, Weihnachten rückt immer näher und so ganz allmählich wächst die Vorfreude auf das wohl beliebteste Familienfest in Deutschland. Doch Weihnachten ist mehr als nur Geschenke, rote Kerzen, Lebkuchen und Glühwein - vielmehr wird es Zeit, in einer gefühlt immer hektischer werdenden Welt zu entschleunigen. Vielleicht auch an einem Ort, an dem das notgedrungen der Fall ist.

 Hamide Pllana wartet auf dem Fernreisebus. Dabei lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ihr Tipp: einfach mal ein Buch lesen oder die Gedanken laufen lassen.

Hamide Pllana wartet auf dem Fernreisebus. Dabei lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ihr Tipp: einfach mal ein Buch lesen oder die Gedanken laufen lassen.

Foto: UM

leverkusen Der Dezember ist angebrochen, Weihnachten rückt immer näher und so ganz allmählich wächst die Vorfreude auf das wohl beliebteste Familienfest in Deutschland. Doch Weihnachten ist mehr als nur Geschenke, rote Kerzen, Lebkuchen und Glühwein - vielmehr wird es Zeit, in einer gefühlt immer hektischer werdenden Welt zu entschleunigen. Vielleicht auch an einem Ort, an dem das notgedrungen der Fall ist.

Zugegeben, es existieren schönere, besinnlichere Fleckchen Erde als den Busbahnhof in Leverkusens Zentrum - insbesondere, wenn eine unangenehme Kälte die Hände leicht einfrieren lässt und der Nase das Signal zum Laufen gibt. Doch gibt es wohl gleichzeitig auch keinen Ort, an dem Hektik und Geruhsamkeit derart nah beieinander liegen, wie an Bussteigen des öffentlichen Personennahverkehrs.

Noch allerdings herrscht Ruhe in der wartenden Menge. Etwas abseits des innerstädtischen Verkehrs haben sich viele Menschen versammelt, um mit dem Fernbus in eine gänzlich andere Region zu gelangen - vielleicht zu Familie, Freunden, einem gemütlichen Beisammensein im Kreise der Lieben. Weg von dem Müll im dornigen Blumenbeet hinter den abgenutzten Holzbänken. Einige lachen, versammeln sich in einer Gruppe. Andere knipsen mithilfe ihrer Kopfhörer die Welt aus und versinken ganz in ihrer eigenen und den Gedanken darin.

Dann plötzlich geht alles ganzschnell, es herrscht Ausbruchsstimmung. Ein Reisebus nach dem anderen hält vor dem durch ein dunkegrünes, leicht verblastes Dach geschützten Wartebereich. Leichte Hektik bricht aus, beim Einsteigen werden leicht die Ellenbogen ausgefahren, mit Schwung Sporttaschen die steilen Treppen hinaufgewuchtet. Die wartenden Motoren der Busse klappern, bevor sie aufheulen und die Busse von dannen ziehen.

Und auf einmal ist alles wieder ganz still. Auf dem Boden versammelte Zigarettenstummel sind die nahezu letzten hinterbliebenen Zeugen - allerdings nicht ganz. Denn mit einem Rollkoffer schlendert gerade Hamide Pllana über den mit alten Kaugummis gepflasterten Weg Richtung Haltestelle. In ihrer grauen Winterjacke, warm eingepackt lässt sich die Frau auf einem der wohl noch warmen Sitzbänke nieder. "Nach Frankfurt", sagt sie, sei sie unterwegs. "Ich besuche meine Tochter", fügt sie schnell an. Das solle jedoch kein Weihnachtsbesuch über die Feiertage werden, nur "so vier bis fünf Tage" weile sie in der Mainmetropole.

Schon lange lebt die 65-Jährige in der Chemiestadt, kam vor vielen Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland und arbeitete dann als Krankenschwester. Eine gemütliche Stimmung komme bei ihr nicht auf, das sei gar nicht möglich. "Schön ist es nirgendwo, wenn es so kalt ist", betont die Rentnerin, die ganz offenbar deutlich lieber die Sonne im Gesicht fühlen würde.

Das Verlangen, endlich einmal zur Ruhe zu kommen, verspürt sie kaum. Doch woran denkt man, wenn doch noch so viel Zeit bis zum Eintreffen des heiß ersehnten und - hoffentlich - beheizten Beförderungsmittels ist? "Wenn ich irgendwo hinfahre, dann mit dem Bus", sagt sie und hat einen Warte-Tipp parat: "Ich lese dann ein Buch." Oder, alternativ: den Gedanken freien Lauf lassen, positiv bleiben und sich nicht zu sehr ärgern, in der Kälte stehen zu müssen. Schon wenig später befindet sich Pllana auch bereits auf dem Weg nach Frankfurt - die Zeit beim Warten ist wie im Flug vergangen.

(RP)
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