Leverkusen Zu Lebzeiten ans digitale Erbe denken

Leverkusen · Wenn ein Angehöriger stirbt, steht die Trauer im Vordergrund. Dass das virtuelle Leben des Toten bei Facebook und Co. weiterläuft, daran "denken die wenigsten", sagt Bestatter Maximilian Bertram. Wer das nicht will, muss vorsorgen,

 "Das Thema digitaler Nachlass steckt derzeit noch in den Kinderschuhen", sagt der Leverkusener Bestatter Maximilian Bertram.

"Das Thema digitaler Nachlass steckt derzeit noch in den Kinderschuhen", sagt der Leverkusener Bestatter Maximilian Bertram.

Foto: Andrea Warnecke/dpa

Gestorben wird immer. In Deutschland in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt fast unverändert - Männer mit 75,6 Jahren, und Frauen mit 82,2 Jahren. In der gleichen Zeit ist die Zahl der sogenannten Silver Surfer, also die der Internetnutzer ab 60 plus nach oben geschnellt: 2005 waren es etwa 3,5 Millionen - 2016 gut zwölf Millionen. Was beides miteinander zu tun hat, ist die Frage: Was passiert eigentlich mit all den Informationen im World Wide Web, wenn der dazugehörige Mensch stirbt? Mitunter sind sensible Daten im Spiel. Und in der Zeit des Trauerns gerarten derlei Themen bei der Verwandtschaft in Vergessenheit.

"Da muss man die Angehörigen aktiv drauf ansprechen", sagt Maximilian Bertram vom Leverkusener Bestattungshaus Bertram. "Von alleine kommt in dem Moment da niemand drauf." Auch das Leverkusener Familienunternehmen fügt sich ein in die Reihe der Bestatter, die Angehörigen im Bereich des digitalen Nachlasses helfen. Dazu gehören "Möglichkeiten einer unkomplizierten Abmeldung von Nutzerkonten, Mitgliedschaften und Guthaben bei Handelsplattformen, Dating- und Partnerportalen, Spieleplattformen, Wettanbietern oder Vereinsmitgliedschaften", sagt Oliver Wirthmann vom Bund Deutscher Bestatter. "Auch andere elementare Abmeldungen, etwa von der Rentenversicherung, der Deaktivierung von Facebook-Konten, der Krankenversicherung oder von GEZ-Gebühren werden so möglich." Die Nachfrage nach diesem Thema in Leverkusen ist laut Bertram noch nicht hoch. "Das Thema steckt noch in den Kinderschuhen. Bei Menschen, die mit über 80 Jahren sterben, hören wir von den Verwandten oft, dass der Verstorbene kein Konto bei Facebook oder derlei hatte. Interessant wird es bei der Altersgruppe darunter, die jetzt in den Ruhestand geht. Von denen sind viele bereits im Internet aktiv."

Und dort hinterlassen sie Spuren. Die Verbraucherzentrale NRW weist darauf hin, dass ein Internetnutzer auch in einer Vollmacht festlegen kann, was nach dem Tod etwa mit seinem Account in den sozialen Medien passieren soll, "denn alle übermittelten und gespeicherten Daten verbleiben auch nach dem Tod eines Kunden oder Users beim jeweiligen Anbieter. Deshalb ist es für jeden Verbraucher ratsam, auch seine gern als ,Gold des 21. Jahrhunderts' bezeichneten Daten im Blick zu haben, wenn es um Regelungen nach dem Ableben geht", heißt es von den Verbraucherschützen.

"Ganz konkret kann zum Beispiel in einer Verfügung zum digitalen Nachlass festgelegt werden, ob in einem sozialen Netzwerk ein Gedenkstatus eingerichtet oder das Profil gelöscht werden soll." Sinnvoll sei, eine Vertrauensperson mit Aufgaben rund ums digitale Erbe zu betrauen und eine Liste mit allen Benutzerkonten und Passwörtern zu erstellen, die an sicherem Ort verwahrt werden sollte.

Dies machen, so schätzt Bertram, derzeit wohl die wenigsten. Sein Unternehmen arbeitet mit einer Spezialfirma zusammen, die die Daten der Verstorbenen im Internet heraussucht, Abmeldungen ausführt und den Angehörigen den Zugang zu Accounts geben kann. Maximilian Bertram führt in dem Zusammenhang noch einen Faktor ins Feld: Geld. Der Abmeldeservice falle im Verhältnis zu den Kosten einer Beerdigung kaum ins Gewicht. "Im Schnitt kostet eine Bestattung rund 4000 Euro, der Abmeldeservice um die 70 Euro", sagt er. Das sei nicht viel, auch in Anbetracht dessen, dass dadurch im Nachhinein Kosten durchs Internet den Angehörigen erspart blieben. Bertram: "Man stelle sich nur mal vor, jemand hat zum Beispiel Online-Wettschulden."

Weitere Informationen zur digitalen Nachlassverwaltung unter www.verbraucherzentrale.de/digitale-daten.

(RP)
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