Meerbusch Auf der Suche nach dem Ameisenbläuling

Meerbusch · Bevor in Meerbusch die A44-Rheinquerung gebaut wurde, lebten noch Tausende dieser Schmetterlinge in der Ilvericher Altrheinschlinge.Die Rote-Liste-Art ist aber jetzt verschwunden. Eine Südanbindung des Krefelder Hafens wäre für ihn nach Expertenmeinung "eine Katastrophe".

 Da fliegt er: Rebekka Eckelboom vom Naturschutzbund weiß genau, wo der besondere Schmetterling zu finden ist.

Da fliegt er: Rebekka Eckelboom vom Naturschutzbund weiß genau, wo der besondere Schmetterling zu finden ist.

Foto: Falk Janning

Er hat eine Flügelspannweite von lediglich drei Zentimetern und lebt als Falter nur wenige Tage: der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, der auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten steht. Bevor in Meerbusch die A44-Rheinquerung gebaut wurde, lebten noch Tausende dieser Schmetterlinge in der Ilvericher Altrheinschlinge. Gibt es sie heute in Meerbusch noch? Die Rheinische Post machte sich mit Nabu-Expertin Rebekka Eckelboom auf die Suche.

 Das ist er, der Ameisenbläuling. Außer im Grenzgebiet Meerbusch/Krefeld gibt es den Falter in NRW nur noch in geringen Populationen an Wurm und Sieg.

Das ist er, der Ameisenbläuling. Außer im Grenzgebiet Meerbusch/Krefeld gibt es den Falter in NRW nur noch in geringen Populationen an Wurm und Sieg.

Foto: falk janning

Wir verabreden uns am Ortsende von Lank-Latum und schlagen uns links in die Büsche. Schon nach kurzer Zeit stehen wir in unberührbarer Natur. "Wir befinden uns jetzt in einer ehemaligen Altstromrinne des Rheins. Man kann die Abbruchkanten noch gut erkennen", erklärt Eckelboom. "Es gibt hier eine Vernetzung von Biotopen: Buersbach, Striebruchsbach und Stratumer Buschgraben."

Sie kennt die Gegend wie ihre Westentasche und weiß, dass hier zurzeit der Ameisenbläuling flattert. Zwischen Mitte Juni und Mitte August könne man den Falter beobachten, wie er seine Eier an den Knospen des Dunklen Wiesenknopfes, einer rund ein Meter hohen Pflanze, ablege. Tatsächlich, schon nach kurzer Wartezeit sehen wir zwei Falter, die sich am dunklen Blütenstock des Wiesenknopfes andocken. Sie sehen auf den ersten Blick unscheinbar aus, doch unter dem Teleobjektiv erkennt man die feinen dunkelblauen Flügel mit schwarzem Rand und schwarzen Punkten viel besser. Die Flügelunterseiten sind graubraun mit bogenförmig gereihten schwarzen Punkten, die hell gerandet sind.

Schon nach wenigen Tagen endet das kurze Leben des Ameisenbläulings. Doch aus den abgelegten Eiern werden Raupen, die sich von den Blütenköpfen des Wiesenknopfes ernähren, bis sie sich satt und zufrieden auf den Boden fallen lassen. "Hier findet ein ganz filigranes Zusammenspiel der Natur statt", erklärt die Hobby-Biologin, die im Hauptberuf Maschinenbau-Ingenieurin ist. Denn die Raupen sondern ein ganz bestimmtes Sekret ab, das die Rote Knotenameise anlockt, weil es den Nestgeruch der Ameisen imitiere. Diese schnappen sich die Raupen und bringen sie in ihr Nest. Einmal im Ameisennest untergebracht, werden die Raupen von den Ameisen wie die eigene Brut gepflegt, obwohl sie sich bis zur Verpuppung räuberisch von deren Eiern und Larven ernähren. Sie überwintern im Ameisenbau und verpuppen sich auch dort im Frühjahr. Nach dem Schlüpfen aus der Puppe muss der Schmetterling sofort das Ameisennest verlassen, da jetzt die Tarnung nicht mehr funktioniert. "Damit der Ameisenbläuling überleben kann, braucht er also den Wiesenknopf und die rote Knopfameise, die beide nur in Feuchtwiesen existieren können", informiert Eckelboom. Außer im Grenzgebiet Meerbusch/Krefeld gebe es den Falter in NRW nur noch in geringen Populationen an Wurm und Sieg. Also auch nicht mehr in der Ilvericher Altrheinschlinge? Vollmundig hatte es im Planfeststellungsbeschluss zur A44 geheißen: "Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen können zu einer dauerhaften Stabilisierung der Falterbestände führen." Doch das ist nicht geschehen. "Heute sucht man den Ameisenbläuling dort vergeblich", sagt Eckelboom. Der Falter habe keinen großen Bewegungsradius und daher während der Bauphase der Autobahn nicht ausweichen können. Gleiches befürchtet sie, wenn eine Straße zur Südanbindung des Krefelder Hafens durch das Gebiet um Buersbach und Latumer Bruch gebaut würde. "Das wäre eine Katastrophe! Nicht nur für den Ameisenbläuling, sondern auch für Kammmolch, Nachtigall, Schwarzkerlchen, Neuntöter und den Schwarzmilan, die in dem FFH-Gebiet unter Schutz stehen." Sie ist sich sicher, dass die Naturschutzverbände gegen eine solche Trasse klagen würden. Immerhin sind 150 Rote-Liste-Arten in dem Gebiet zu finden, das gerade davon lebt, das es nicht zerschnitten ist.

(RP)
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