Meerbusch Aus Bunker-Betten Schulbänke gebaut

Meerbusch · Für ein Klassentreffen werden Mitschülerinnen des Einschulungsjahrgangs 1946, Schule Dückerstraße Büderich, gesucht. Klara Schneider, Edith Wissmann und Marga Weskamp freuen sich auf ein Wiedersehen.

 Vor sieben Jahrzehnten verließen diese Mädchen die Schule an der Dückerstraße in Büderich. Jetzt soll es ein Wiedersehen geben.

Vor sieben Jahrzehnten verließen diese Mädchen die Schule an der Dückerstraße in Büderich. Jetzt soll es ein Wiedersehen geben.

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Wenn sich Klara Schneider (geb. Klein) an ihren ersten Schultag im April 1946 erinnert, taucht sie in eine andere Welt ein: "Zwar war der Krieg zu Ende, aber überall herrschte noch erkennbare Not." Der Rückblick von Marga Weskamp und Edith Wissmann (geb. Dahmen) sieht ähnlich aus: "Wir waren gerade erst aus der Zwangsevakuierung nach Büderich zurückgekehrt und viele Väter waren in Kriegsgefangenschaft."

Heute erscheinen die Geschehnisse um die Einschulung besonders nah: "Es gab nur die eine Schule an der Dückerstraße, sie war dort, wo jetzt das Standesamt ist." Marga Weskamp und Edith Wissmann hatten wie die meisten der 84 mit ihnen eingeschulten Mädchen - "wie viele Jungens es waren, wissen wir nicht" - keinen Tornister.

Nur Klara Schneider, deren Eltern einen kleinen Bauernhof bewirtschafteten, trug einen alten Tornister aus hartem Leder: "Den hatten wir gegen Naturalien, ein Stückchen Speck und ein paar Kartoffeln eingetauscht." Auch Schultüten waren eine Rarität. "Dazu hatten die meisten kein Geld", erinnern sich die drei Frauen, die in den vergangenen Jahren sporadisch Kontakt hatten, sich seit einiger Zeit aber jeden Samstag zusammensetzen.

 Klara Schneider, Edith Wissmann und Marga Weskamp (v.l.) treffen sich zurzeit jeden Samstag, um das Klassentreffen vorzubereiten.

Klara Schneider, Edith Wissmann und Marga Weskamp (v.l.) treffen sich zurzeit jeden Samstag, um das Klassentreffen vorzubereiten.

Foto: Ulli Dackweiler

Jetzt, da sich der Einschulungstermin zum 70. Male jährt, möchten sie sich mit ehemaligen Mitschülerinnen treffen: "Am Freitag, 22. April, 11 Uhr, an der Dückerstraße. Anschließend frühstücken wir im Restaurant Alte Post." Marga Weskamp und Edith Wissmann hoffen, dass viele Gedanken ausgetauscht und Erinnerungen aufgefrischt werden: "Wir waren von der Schule enttäuscht, hatten eine junge Lehrerin erwartet. Aber Frau Röhrig war schon alt. Trotzdem haben wir viel gelernt - obwohl der Unterricht oft ausfiel, weil die Heizung kaputt war." In der Schule wurden die Jungen und Mädchen streng getrennt. Sie alle lernten auf einer Schiefertafel mit Griffel schreiben, zum Auswischen gab es ein Schwämmchen: "Das hing an der Tafel." Um Bänke für den Klassenraum zu haben, wurden Betten aus dem Bunker aneinandergestellt.

Auch mit der Ernährung war es schwierig. Da Büderich dörflich geprägt war, hatten die meisten Familien etwas zu essen. Aber einige Kinder waren unterernährt. Die Schulspeise sollte Abhilfe schaffen. Allerdings sind die Erinnerungen daran nicht gut: "Es gab eine ziemlich wässrige Suppe. Wenn wir Glück hatten, war ein Stückchen Schokolade drin, meistens samstags." Edith Wissmann erzählt, dass sie ihre Suppe in den Stingesbach geschüttet hatte: "Meine Eltern haben furchtbar geschimpft. Schließlich hätte man damit die Schweine füttern können." Manche Kinder nahmen die Suppe für die ganze Familie im Henkelmann mit nach Hause. Wenig beliebt war auch der Lebertran. "Ich musste jeden Morgen einen Löffel schlucken", erzählt Klara Schneider. Sie, Marga Weskamp und Edith Wissmann freuen sich auf eine große Runde zum 70-Jährigen: "Die Gedanken an diese Zeit dürfen nicht verloren gehen."

(RP)
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