Meerbusch Das hundertjährige Warten auf den Tunnel

Meerbusch · Bereits 1913 gab es Pläne für fünf Eisenbahnunterführungen in Osterath. Dann aber brach der Erste Weltkrieg aus

 Der Bahnhof Osterath zierte 1905 eine Postkarte. Damals passierten rund 200 Züge die Strecke. Im Jahr 1913 gab es Pläne, die Strecke viergleisig auszubauen, einen neuen Bahnhof zu errichten - und statt auf Schranken auf Straßentunnel zu setzen.

Der Bahnhof Osterath zierte 1905 eine Postkarte. Damals passierten rund 200 Züge die Strecke. Im Jahr 1913 gab es Pläne, die Strecke viergleisig auszubauen, einen neuen Bahnhof zu errichten - und statt auf Schranken auf Straßentunnel zu setzen.

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Die Bahnstrecke zwischen Linn und Neuss war vor dem Ersten Weltkrieg bereits stark frequentiert. An die 200 Züge passierten jeden Tag Osterath. Hinzu kam der Rangierverkehr am Güterbahnhof und für die Ostarawerke. Die Reichsbahn ging davon aus, dass der Verkehr auf dieser wichtigen linksrheinischen Nord-Süd-Verbindung noch deutlich zunehmen werde. Aus diesem Grund präsentierte die Eisenbahn-Direktion Köln dem Osterather Bürgermeister Karl Rüsing bei einer Besprechung am 17. Juli 1913 Pläne für den viergleisigen Ausbau der Strecke, verbunden mit einem Neubau des Bahnhofs. Beabsichtigt war die "Höherlegung" der Bahngleise auf einen Damm, so dass die Düsseldorfer und Strümper Straße unter den Gleisen hindurch geführt werden könnten. Die Hochlegung sollte von Linn her kommend schon hinter "Block Bösinghoven" beginnen, da der erste Bahndammtunnel schon am Überweg Görgesheide/ Radonk hergestellt werden musste.

 Noch 1954 gab es den Beruf des Schrankenwärters. Unser Foto zeigt

Noch 1954 gab es den Beruf des Schrankenwärters. Unser Foto zeigt

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Eine besondere Herausforderung stellte die Kreuzung mit der "Rheinischen Kleinbahn" auf der Heide dar. Diese wurde (und wird immer noch) in Hochlage über die Bahngleise geführt. Nun sollte diese Dammanlage abgetragen werden, damit die elektrische Kleinbahn zukünftig unter der Eisenbahn hindurchgeführt werden konnte.

Nach einem Zeitungsbericht in der "Crefelder Zeitung" schienen sich die Planungen im Januar 1914 zu konkretisieren. Die Vermessungsarbeiten waren wohl im Gange, und es wurden nun wohl auch Gespräche mit den Grundstückseigentümern geführt.

Mit dem viergleisigen Ausbau sollte auch ein neuer Bahnhof in Hochlage errichtet werden, was in Osterath mit Interesse aufgenommen wurde. Unklar war noch, wie viele Straßentunnel geschaffen werden sollten. Sicher war dies für die Meerbuscher und die Strümper Straße. Insgesamt rechnete man mit fünf Tunnelbauten im Gemeindegebiet.

Dieser Umbau verursachte zwar hohe Kosten, es wurde aber darauf hingewiesen, dass die Reichsbahn in Zukunft auch viel Personal sparen würde, welches für die Bedienung der Schranken an den Osterather Bahnübergängen eingesetzt werden musste. An fünf Bahnübergängen mussten Schrankenwärter Tag und Nacht die Schranken von Hand bedienen. Durch den Abbau der niveaugleichen Bahnübergänge wäre zudem das Unfallrisiko deutlich verringert worden. Tatsächlich hatte es immer wieder Unglücke gegeben. Eines der schwersten hatte sich am 5. November 1902 ereignet. Gegen 19 Uhr hatten die Schulkinder Franz Bahners (acht Jahre), Josef Fels (zehn Jahre) und Josef Franzen (neun Jahre) eigenmächtig die Bahnschranke an der Meerbuscher Straße geöffnet und waren dabei unter einen Schnellzug geraten. Zwei Schüler fand man tot in der Höhe des Bahnhofs. Der dritte wurde fast bis nach Oppum mitgeschleift. Am 24. Februar 1904 um 22 Uhr war der Bahnwärter Peter Wasch beim Abgehen der Strecke von einem Zug erfasst und getötet worden. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 wurden die Planungen eingestellt und nie wieder aufgenommen.

Unser Gastautor leitet das "Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege" der FH Köln - und ist Osterather.

(RP)
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