Serie Unser Rhein Der Fluss - Eine Quelle der Inspiration

Meerbusch · Warum ist es am Rhein so schön? Meerbuscher Künstler geben viele Antworten darauf, malen sie auf, schreiben sie nieder oder hauen sie in Stein. Ein Bericht über eine recht väterliche Muse

 "Meerbusch-Mönchenwerth" heißt die Zeichnung der Meerbuscher Künstlerin Editha Hackspiel.

"Meerbusch-Mönchenwerth" heißt die Zeichnung der Meerbuscher Künstlerin Editha Hackspiel.

Foto: Hackspiel

Die Diskussionen um den Rheinufer-Platz, an dem der von ihm geschaffene Beuys-Kopf aufgestellt werden sollte, zählen für Anatol Herzfeld nicht mehr. "Hier steht er richtig", stellt der Künstler zufrieden fest. Heute, 83-jährig, erinnert er an die Faszination, die der Rhein seit Jahrhunderten auf die kunstschaffende Zunft ausübt: "Schon im Mittelalter hat es hier tollkühne Bildhauer gegeben." Auch sie haben die Wirkung des fließenden Wassers, die daraus entspringende Inspiration und Stimulierung der Sinne genutzt. Dass der Beuys-Kopf nun am Meerbuscher Rheinufer steht, ist für Anatol bedeutungsvoll. Beuys selbst nennt er "Vater der Intuition" und es freut ihn, dass auch diese Granit-Skulptur die Erinnerung an ihn weiterleben lässt. Anatol zeigt im Telefonat aus dem Urlaubsdomizil auf der Nordsee-Insel ein ihm vorschwebendes Idealbild auf: "Eine Familie geht am Rhein spazieren. Der Sohn fragt: ,Wer ist das?' Und der Vater antwortet: .Das ist Joseph Beuys, ein großer Künstler. Er hat auch das Mahnmal im 'Alten Kirchturm' in Büderich gestaltet. Ich zeige es dir.'"

Dieses bisher einzige im öffentlichen Raum zu sehende, 1959 errichtete Gesamtkunstwerk von Joseph Beuys bestätigt die enge Verknüpfung zu Büderich. Aber der Kunstakademieschüler, von Ewald Mataré 1951 zum Meisterschüler ernannt, hielt sich bereits 1946 häufig in Meerbusch auf. Nach der kriegsbedingten Zerstörung der Rheinbrücken fuhren Beuys und Kommilitonen aus Düsseldorf kommend mit einem kleinen Boot über den Rhein Richtung Meerbusch. Dort, im Büdericher Wohnhaus, hatte Ewald Mataré für seine Studenten einen Akademieraum eingerichtet. "Beim Tee gab's gute Gespräche. Das war eine spannende Zeit", erinnert sich Tochter Sonja Mataré. Anatol Herzfeld wird im Gespräch über Beuys ebenfalls an vergangene Zeiten erinnert. Auch hier spielte die Rheinüberquerung eine Rolle. Zu diesem Zweck hatte Anatol einen Einbaum, "Das blaue Wunder", gebaut. Mit ihm paddelte der Beuys-Meisterschüler seinen Lehrer 1973 in einer Protestaktion gegen die Entlassung des Hochschulprofessors von Oberkassel aus ans gegenüberliegende Rhein-Ufer, nahe der Kunstakademie. Dieses Erlebnis reiht sich in die um den Fluss existierenden Geschichten ein.

 Ohne Filzhut — der 13 Tonnen schwere Beuys-Kopf von Anatol Herzfeld am Büdericher Rheinufer. Auf der Rückseite steht Beuys' Credo: "Jeder Mensch ein Künstler".

Ohne Filzhut — der 13 Tonnen schwere Beuys-Kopf von Anatol Herzfeld am Büdericher Rheinufer. Auf der Rückseite steht Beuys' Credo: "Jeder Mensch ein Künstler".

Foto: Achim Hüskes

Er galt schon immer als Inspirationsquelle, hat bereits um 1800 bei Dichtern und Malern einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dieser Einfluss auf die künstlerische Gestaltung ist noch heute nicht verloren gegangen. "Ich halte lange Ausschau nach einem Motiv. Und wenn es mir dann in den Fingern juckt, fange ich an", erklärt Editha Hackspiel die Entstehung der unter anderem in dem Band "Leben in Meerbusch" veröffentlichten Federzeichnungen und Radierungen. Die Künstlerin, in Düsseldorf geboren und seit über 50 Jahren in Büderich lebend, ist mit dem Rhein eng verbunden: "Ich habe unterschiedlichste Motive an beiden Fluss-Ufern festgehalten." Früher hat die 88-Jährige in der Rheinlandschaft eine Vorzeichnung gemacht: "Ich habe mich irgendwo hingesetzt." Da ihre Motive aber vorwiegend winterliches Geäst zeigen, wurde es ihr zu kalt. Heute - ihre Liebe zur Rheinlandschaft ist ungebrochen - macht Editha Hackspiel Fotos und erarbeitet daraus ihre Bildansichten.

Daran, dass die "Kunst am Rhein" in Meerbusch schon immer eine große Rolle spielte, erinnert sich Kulturkreis-Vizevorsitzender Heribert Schween: "Helmuth Hartmann, der am Oberbach in Langst-Kierst wohnte, schrieb eine 'Ode an Ilverich'." Der 2002 verstorbene Werbetexter war als Macher bleibender Werbe-Slogans bekannt, ist Autor des 1968 auf Bitte des Heimatkreises Lank verfassten Gedichts "Ossumer Elegie" und stiftete für den Fußweg vom Deich zum Strom in Langst-Kierst eine Bank. Mitte der 1970er Jahre gab es außerdem einen "Kulturstammtisch". Er fand an den Wochenendvormittagen in der Frühstückskneipe "Tourné", Zur Rheinfähre, statt.

 Das Rhein-Ufer bei Büderich. Links im Bild zu sehen: die Theodor-Heuss-Brücke.

Das Rhein-Ufer bei Büderich. Links im Bild zu sehen: die Theodor-Heuss-Brücke.

Foto: Stefan Kaluza/Rhein-Edition.de

Auch heute ist der künstlerische Austausch an den Ufern des Rheins ungebrochen. Roger Gerhold, der seit zwei Jahren in Langst-Kierst lebt, arbeitet an einem Buch-Projekt, das den Titel "Rheinkilometer 453 - Flussgeschichten aus Meerbusch" trägt: "Ich möchte Meerbuscher Persönlichkeiten anschreiben und sie um eine Geschichte rund um den Rhein bitten." Noch ist die Planung in der Anfangsphase. "Aber ich behalte das im Auge", verspricht Roger Gerhold. Das tut auch der Illustrator und Kommunikations-Designer Helmut Krüger. Er hat ein Roh-Konzept erarbeitet, nennt es "Kunst-Kilometer am Rhein" und möchte entlang des Rheindamms eine Kunstpräsentation zeigen: "Bisher wurde diese Idee nicht umgesetzt." Aber aktuell haben der Lank-Latumer und der Meerbuscher Kulturkreis ein DIN A2-Poster-Motiv erstellt, auf dem alle Meerbuscher Sehenswürdigkeiten zu sehen sind. Es soll ebenso zum Kauf angeboten werden wie die mit diesem Motiv bedruckten Postkarten.

Die inspirierende Wirkung des Flusses hält also an. Das fließende Wasser gilt als belebendes Element. Es bewirkt Bilder, Gedanken und Assoziationen. Werden sie kreativ umgesetzt, entsteht "Kunst am Rhein" - mit nachhaltiger Wirkung.

(RP)
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