Meerbusch Der Zoch, bei dem es um die Wurst geht

Meerbusch · Der Wurstwagen beim Rosenmontagszug ist eine Nierster Spezialität. Wahrscheinlich geht er auf die bäuerliche Tradition zurück, um Lichtmess herum den Mägden und Knechten Wurst und Getränke zu spendieren

 Wenn die Bratwürste als lange Kette an der Eisenstange hängen, ergibt das ein gutes Bild, findet Werner Horster. Wie lange er schon beim Wurstwagen mit dabei ist, weiß er nicht mehr.

Wenn die Bratwürste als lange Kette an der Eisenstange hängen, ergibt das ein gutes Bild, findet Werner Horster. Wie lange er schon beim Wurstwagen mit dabei ist, weiß er nicht mehr.

Foto: Ulli Dackweiler

Der Nierster Karnevalszug ist etwas Besonderes. Vor allem, wenn man nur den Rosenmontagszug in großen Städten wie Düsseldorf oder Köln kennt. Zum Beispiel dauert er länger. Morgens um 9 Uhr geht es los, um 17 Uhr endet der Spaß. Zwischendurch gibt es eine Mittagspause. Zum anderen gibt es den legendären Wurstwagen. Während die Jecken in manchen anderen Zügen abgepackte Blutwurst werfen, sammeln die Karnevalisten im Dorf von Haus zu Haus frische Bratwurst ein. Immer als Wagenbegleiter mit dabei ist Werner Horster. Wann genau er das erste Mal der Hüter der Nierster Würste war, das weiß er selbst nicht mehr so genau. "Vor 17 Jahren oder vor noch längerer Zeit", sagt Horster.

 Der Wagen der Büdericher Heinzelmännchen im vorigen Jahr.

Der Wagen der Büdericher Heinzelmännchen im vorigen Jahr.

Foto: hjb

Die Idee zum Würstesammeln ist allerdings viel älter. Früher endete um Lichtmess herum für die Mägde und Knechte die Arbeitssaison. Als Dank spendierten die Bauern ihnen Wurst und Getränke. "Darauf fußt diese Tradition", sagt der 71-Jährige, der seit 50 Jahren bei der KG Kött on Kleen engagiert ist, und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: "Unterschreiben würde ich das nicht."

Früher trugen Männer an einer Stange die eingesammelten Würste im Zug durch das Dorf. Das weiß Horsters Sohn Bernhard zu berichten, der im Jahr 2012 Prinz in Nierst war. Weil die Träger beim Würstesammeln aber auch immer noch Schnäpse spendiert bekamen, geriet der Fleischtransport häufiger ins Wanken. Um den Transport sicherer zu gestalten, verständigte man sich irgendwann darauf, dafür einen Wagen zu nutzen. Heute läuft ein Junge, der Pajas, im Clownskostüm vorweg, sammelt die Wurstspenden ein und bringt sie auf den Wagen. Sie sollen möglichst lang sein. "Das muss gut aussehen", sagt Horster. Und nun wenn sie in langen Ketten geliefert werden, kann man sie dekorativer über eine Eisenstange hängen.

Wie viele Würste es am Abend dann sind, hat Horster noch nie gezählt. Sie werden am Schluss in Wäschekörbe gepackt. "Drei volle Wäschekörbe kommen schon zusammen", sagt er. Gelegentlich gab es Stimmen, die über mangelnde Hygiene meckerten. Aber wer sich im Karneval durchs Dorf bützt, braucht sich über Hygiene eigentlich keine Gedanken mehr zu machen, findet auch Horster. Außerdem werden die Würstchen nach dem Zug zuerst einmal abgekocht. Und dann abends im Festzelt noch einmal gebraten. Wer etwas gespendet hat, bekommt dafür Wertmarken, gegen die er ein Stück der fertigen Wurst bekommt. Früher, wenn etwas übrig geblieben war, lieferten die Karnevalisten die Reste ins damalige Elisabeth-Hospital in Lank, heute steht die Rheuma-Klinik dort. "Das durften wir irgendwann nicht mehr", erinnert sich Horster.

Aber dass etwas von den Wurstspenden übrig bleibt, passiert sowieso kaum noch. "Es gibt Senioren, die kommen abends nur ins Festzelt, um die Wurst zu essen. Dann gehen sie wieder", erzählt Sohn Bernhard.

(RP)
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