Meerbusch Die Gesichter der Winterwelt

Meerbusch · Während die Besucher Glühwein trinken und Spaß haben, müssen einige Leute auf der Winterwelt in Büderich hart arbeiten. Doch wieso setzt man sich eigentlich wochenlang der Kälte aus? Die RP hat nachgefragt

 Martina Bossle verkauft Flammkuchen auf der Winterwelt. Das Schaustellertum liegt in ihrer Familie. Der Bossle-Clan betreibt auf allein auf dem Weihnachtsmarkt in Büderich mehrere Stände. Für sie ist ihr Beruf "der schönste auf der Welt."

Martina Bossle verkauft Flammkuchen auf der Winterwelt. Das Schaustellertum liegt in ihrer Familie. Der Bossle-Clan betreibt auf allein auf dem Weihnachtsmarkt in Büderich mehrere Stände. Für sie ist ihr Beruf "der schönste auf der Welt."

Foto: Ulli Dackweiler

Es ist kalt. Martina Bossle steht in dicker Jacke in ihrem Stand auf der Winterwelt in Büderich und rührt mit einem Löffel in einer dampfenden Tasse Kaffee herum. Ihre Hand zittert. "Warm halten", sagt sie. "Das ist das Wichtigste, wenn man einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt betreiben will. Man muss sich von innen und außen warm halten." Bossle und ihre Kollegen in den Bratereien und Glühweinbuden sind die Gesichter des Büdericher Weihnachtsmarktes. Doch wie kommt man überhaupt dazu, sich freiwillig über Wochen der Kälte auszusetzen?

"Veranlagung, die Liebe zu Menschen und eine verständnisvolle Familie sind Voraussetzung für unsere Arbeit", sagt Hilde Malzkorn, die auf der Winterwelt einen Reibekuchenstand (3,50 Euro für drei Stück) betreibt. "Ich mache das jetzt schon seit etwa 40 Jahren, seit elf Jahren bin ich hier in Büderich." Warum sie immer wieder komme? "Die Rückmeldungen sind einfach großartig. Die Leute lieben meine Reibekuchen. Ich weiß nicht, wenn ich das nicht mehr machen würde, würde mir etwas fehlen." Der Büdericher Markt sei im Vergleich zu den großen Märkten besonders familiär. "Man kennt sich hier", sagt sie. "Das ist auch ein Grund. Die Leute sind über die Jahre zu so einer Art Familie für mich geworden."

 Heino Wölfel wacht über Rolf Löwes' Schlittschuhverleih.

Heino Wölfel wacht über Rolf Löwes' Schlittschuhverleih.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Einige Meter weiter kümmert sich Jeffrey Bossle um seinen Krustenbraten (Portion 4,50 Euro). Er und Martina sind verwandt. "Sie ist meine Großcousine", erklärt er. Das Schaustellertum liege bei den Bossles in der Familie. Allein auf der Winterwelt betreiben sie vier Stände. "Für uns hat der Standort Büderich einige Vorteile", sagt Jeffrey Bossle. "Die Öffnungszeiten hier sind sehr familienfreundlich. Wir müssen erst um 12 Uhr aufmachen, und Feierabend ist pünktlich um 21 Uhr." Das sei erheblich weniger belastend als die Arbeit auf größeren Weihnachtmärkten, wo man mitunter schon um 8 Uhr morgens anfange. "So habe ich auch die Zeit, mich um meine Kinder zu kümmern, die hier gerne zum Schlittschuhlaufen hinkommen."

Erster Ansprechpartner für die Bossle-Kinder ist Heino Wölfel. Der Senior arbeitet tagsüber im Schlittschuhverleih der Winterwelt. "Ich bin auch schon von Anfang an dabei gewesen", sagt er. "Seit elf Jahren mache ich das hier nun schon." Der Grund für sein Engagement: Freundschaft. Rolf Löwe, der Betreiber der Eisbahn, habe ihn damals gefragt, ob er mitmachen wolle. "Tja, und seitdem werde ich eben immer wieder gefragt." Aber er mache seine Arbeit auch wirklich gerne. "Es ist doch eine tolle Sache, jungen Menschen Freude zu bereiten." Und wenn er dazu dick eingepackt Schlittschuhe für 3,50 Euro für zwei Stunden ausgeben müsse, dann sei das eben so.

 Jeffrey Bossle hält die Winterwelt für besonders familienfreundlich.

Jeffrey Bossle hält die Winterwelt für besonders familienfreundlich.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)
 Hilde Malzkorn ist schon seit 40 Jahren Schaustellerin.

Hilde Malzkorn ist schon seit 40 Jahren Schaustellerin.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Martina Bossle hat ihren Kaffee mittlerweile ausgetrunken. Sie lächelt. Ihre zitternde Hand ist wieder ruhig. "So jetzt geht's weiter", sagt sie und dreht sich zu ihrem Ofen um, in dem Flammkuchen (ab 6,50 Euro) auf ihre Vollendung warten. "Wenn man weiß, wie, dann ist unser Job der schönste auf der Welt."

(RP)
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