Meerbusch Die Kontrolleurin der Stadtbäume

Meerbusch · Barbara Krins prüft seit mehr als 15 Jahren die Gewächse der Stadt. Dabei achtet sie auf die Standfestigkeit, tote Äste, die drohen abzubrechen, und Fäulnis in den Stämmen. Wer ein rotes Kreuz von ihr verpasst bekommt, muss gefällt werden

 Mit dem gummierten Hammer klopft Barbara Krins rundherum gegen den Stamm einer Linde am Dr.-Franz-Schütz-Platz. Hört sich der Stamm hohl an, fault er wahrscheinlich innerlich.

Mit dem gummierten Hammer klopft Barbara Krins rundherum gegen den Stamm einer Linde am Dr.-Franz-Schütz-Platz. Hört sich der Stamm hohl an, fault er wahrscheinlich innerlich.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Barbara Krins setzt den Hammer an, klopft damit auf die Rinde einer Robinie, klopft erneut. Es klingt ein wenig dumpf - aber nicht hohl. Die 47-Jährige richtet sich in ihrer neonorangefarbenen Weste zufrieden auf. "Der Baum ist in Ordnung", sagt die 47-Jährige. Krins ist zertifizierte Baumkontrolleurin der Stadt Meerbusch. Das ganze Jahr über ist sie in der Stadt unterwegs und prüft jeden einzelnen Baum. Am Ende des Jahres geht es wieder von vorne los. Worauf dabei genau zu achten ist und wie sie die Bäume kontrolliert, verrät sie bei einem Rundgang durch Büderich.

"Zunächst einmal schaue ich mir die Bäume im Ganzen an - etwas entfernt. So kann ich schon mal sehen, ob sich der Neigungswinkel verändert hat oder tote Äste zu sehen sind", erläutert die Krefelderin, die sich gerne draußen aufhält. "Auch die Blätter geben einem viel Auskunft, ob ein Baum gesund ist." Eine der zahlreichen Linden am Dr.-Franz-Schütz-Platz etwa ist es nicht. "Die Blätter sind alle braun umrandet. Das bedeutet, dass sich das Wachstum des Baumes zurückentwickelt hat. Auch die Krone, die eigentlich dichtes Laub tragen sollte, wird zur Spitze hin immer dünner. Dem Baum geht es an dem Standort nicht so gut, aber er ist jetzt auch nicht krank", sagt Krins mit fachmännischem Blick. Michael Betsch, Leiter des Grünflächenamtes, ergänzt: "Die Bäume, die am Straßenrand stehen, haben nicht gerade optimale Bedingungen. Sie leben in einem für sie unnatürlichen Lebensraum und haben erheblichen Wassermangel." Gemeint sind vor allem Bäume, die in einem kleinen Viereck Erde auf dem breiten Bürgersteig gepflanzt sind - rund herum befindet sich jedoch nur Beton. "So können sich die Wurzeln nirgendwo hin ausbreiten", erläutert Krins. "Deshalb wölben sie sich nach oben - aus der Erde heraus."

Neben dem Beton, der die Bäume rundherum einschränkt, sind die Pflanzen zudem weiterem Stress ausgeliefert. "Im Sommer haben sie mit starker Hitze-Rückstrahlung zu kämpfen", sagt Betsch. "Bis 4 Uhr morgens strahlen Asphalt und Häuserwände die Hitze nach einem heißen Tag noch ab." Im Winter hingegen verändert sich der ph-Wert der Erde um die Pflanze, da das Streusalz auf den Straßen von vorbeifahrenden Autos hoch spritzt und so ins Erdreich gelangt.

All diese Umwelteinflüsse sowie Stürme wie zuletzt "Ela" machen den Bäumen zu schaffen. Sieht einer von ihnen nicht mehr gesund aus, nimmt ihn Krins genauer unter die Lupe. Sie prüft, ob die Pflanze noch standsicher oder bruchgefährdet ist, nur einen neuen Pflegeschnitt benötigt oder im schlimmsten Fall gefällt werden muss. Sieht die Kontrolleurin einen auffälligen Querriss in der Rinde, Aushöhlungen im Baum oder gewisse Pilzarten, zückt Krins teilweise ihr Fernglas, um die Stellen genauer zu begutachten.

 Rotes Kreuz: Der Baum an der Straße Am Pfarrgarten muss gefällt werden - Pfingststurm "Ela" hat Schuld.

Rotes Kreuz: Der Baum an der Straße Am Pfarrgarten muss gefällt werden - Pfingststurm "Ela" hat Schuld.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Gerade Letzteres macht einem Gewächs sehr zu schaffen. "Pilze greifen vor allem geschwächte Organismen an, sprich: Der befallene Baum ist wahrscheinlich auch nicht mehr gesund", sagt die ausgebildete Baumschulmeisterin. Ganz gefährlich ist der Brandkrustenpilz. "Dann muss man den Baum oftmals fällen", sagt Krins, die seit mehr als 15 Jahren bei der Stadt Meerbusch angestellt ist. "Bäume sind meine Leidenschaft. Sie geben mir etwas. Deshalb gebe ich auch alles dafür, sie zu erhalten."

 Die Robinie an der Ecke "Am Pfarrgarten" ist gesund. Mit dem Resistographen misst sie die Wandstärke des Stammes.

Die Robinie an der Ecke "Am Pfarrgarten" ist gesund. Mit dem Resistographen misst sie die Wandstärke des Stammes.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

Eine Robinie am Wegesrand macht der 47-Jährigen bereits von weitem Sorgen. Der Klopftest gibt ihr recht. Der Baum klingt hohl. Im Inneren des Stammes hat sich Fäulnis ausgebreitet. Krins setzt den Resistographen an, ein längliches Gerät, das die Wandstärke des Stammes misst. Eine feine Bohrnadel gräbt sich durch die Rinde in den Baum. "Es wird ermittelt, ob, und ab welcher Dicke der Widerstand schwächer wird. Ist der Baum innen faul, ist der Widerstand schnell sehr gering. Wenn aber mindestens ein Drittel des Durchmessers hart ist, besteht kein Handlungsbedarf", erläutert Krins. "Ansonsten bekommt der Baum ein rotes Kreuz aufgesprüht."Das bedeutet: Er muss gefällt werden. Ein gelber aufgesprühter Punkt hingegen besagt lediglich, dass die Pflanze geschnitten werden muss. Die Prüfung eines Baumes mit Klopftest und Resistographen dauert rund 20 Minuten, allerdings bohrt Krins die Pflanzen nur ungern an. "Das kommt nur dann vor, wenn alles darauf hinweist, dass er faul ist", sagt sie.

Doch glücklicherweise komme das selten vor. Außer nach Naturereignissen wie dem Pfingststurm. Krins: "Er hat besonders viele gesunde Bäume entwurzelt und so viele Äste zerstört, dass das Gehölz, ob wohl es nicht droht umzufallen, gefällt werden muss, da es sich nicht mehr davon erholen wird."

(RP)
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