Shuhei Azuma "Es ist wichtig, miteinander zu sprechen"

Meerbusch · Shijonawates Bürgermeister kann sich einen Austausch mit der Meerbuscher Verwaltung vorstellen. Auch, um voneinander zu lernen.

 Bürgermeister Shuhei Azuma besucht bei seiner ersten Deutschlandreise seit Mittwoch Shijonawates Partnerstadt Meerbusch.

Bürgermeister Shuhei Azuma besucht bei seiner ersten Deutschlandreise seit Mittwoch Shijonawates Partnerstadt Meerbusch.

Foto: Anke Kronemeyer

Als Sie Anfang des Jahres als jüngster Bürgermeister Japans in Meerbuschs Partnerstadt Shijonawate angetreten sind, haben Sie angekündigt, dass Sie das freie Denken im Rathaus fördern wollen. Wie machen Sie das - und funktioniert es?

Shuhei Azuma Ich bin jetzt 29 Jahre alt und arbeite mit deutlich älteren Menschen zusammen. Ich habe daher viel weniger Erfahrung und Wissen als sie. Aber da ich ständig mit ihnen spreche, wirklich jeden Tag, funktioniert das sehr gut.

Sie fördern also die Kommunikation - ist das der Schlüssel?

Azuma Eine vertrauensvolle Basis ist wichtig - innerhalb der Verwaltung und auch mit den Bürgern. Gerade in der Verwaltung ist es ja oft so, dass die Mitarbeiter nicht unbedingt alles diskutieren und erklären wollen, sondern sie wollen einfach nur ihre Arbeit machen. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, miteinander zu sprechen - und den Bürgern auch zu zeigen und ihnen zu erklären, was und wie wir arbeiten und welche Ziele wir haben. Wir müssen reden, reden, reden. So kann man die Menschen überzeugen und mitnehmen.

Sprechen die Bürger Sie an?

Azuma Oh ja. Ich gehe morgens immer zu Fuß zur Arbeit ins Rathaus, da werde ich sehr oft angesprochen. Und ich habe Bürgertreffen ins Leben gerufen, in jedem unserer mehr als 20 Bezirke. Alle drei Wochen lade ich ein, erkläre den Bürgern unsere Arbeit und Ziele und bin für sie ansprechbar.

In deutschen Lokalparlamenten sitzen meist ältere Menschen - sehen Sie eine Möglichkeit, auch jüngere Leute wieder für Politik zu begeistern?

Azuma Das ist in Japan auch ein Problem. In den Lokalparlamenten sind viele ältere Menschen - ich bin da mit Abstand der Jüngste. Auch die Wahlbeteiligung ist niedrig, lag zuletzt bei 40 Prozent. Ich glaube, die Menschen vertrauen uns nicht. Deshalb habe ich auch die Bürgertreffen ins Leben gerufen. Ich habe gemerkt, dass gerade jüngere Menschen gar nicht wissen, wie eine Verwaltung funktioniert und wie wir arbeiten. Die Treffen verbessern die Kommunikation mit den Bürgern.

Würden Sie Meerbusch auch zu solchen regelmäßigen Bürgergesprächen raten?

Azuma Für jede Kommune ist das sicher nicht so einfach machbar, Düsseldorf zum Beispiel halte ich für zu groß. Aber Meerbusch hat dieselbe Einwohnerzahl wie Shijonawate, da könnte man das sehr gut umsetzen.

Gibt es etwas, was Meerbusch von Shijonawate lernen kann?

Azuma Das ist eine schwierige Frage, dazu kenne ich die Arbeit der Meerbuscher Verwaltung nicht gut genug. Bei mir ist es so, dass mir viele Bürger aufgrund meines Alters noch nicht vertrauen und ich das Vertrauen erst aufbauen muss. Frau Mielke-Westerlage ist ja schon viel bekannter in der Stadt, als ich es war, als ich das Amt des Bürgermeisters übernommen habe.

Stehen Sie aufgrund Ihres Alters unter besonderer Beobachtung?

Azuma Ich sehe meinen Job so, dass ich einerseits für meine Stadt Shijonawate arbeite. Und andererseits aber auch die Aufgabe habe, jüngere Menschen wieder mehr für Politik zu begeistern und das Vertrauen zurückzugewinnen.

Auf ihrer Internetseite schreibt die Stadt Meerbusch: "Meerbuschs Partnerschaft mit Shijonawate: Eine Freundschaft mit Potenzial." Welches Potenzial sehen Sie für die Partnerschaft?

Azuma Wir haben eine sehr gute Schule in Shijonawate; vor zwei Jahren haben die Schüler Meerbusch besucht, vergangenen Monat kamen die Meerbuscher Gymnasiasten dann zu uns. Dieser Austausch - ich denke, das ist das bedeutendste Potenzial, das wir haben.

Sie wollen den Schüleraustausch intensivieren. Ist angedacht, einen ähnlichen Austausch mit dem Rathaus zu organisieren?

Azuma (lacht) Oh, das wäre interessant. Wenn Frau Mielke-Westerlage sich das vorstellen kann, können wir gerne darüber sprechen.

Ist Deutschland - oder speziell Meerbusch, im Stadtbild von Shijonawate sichtbar?

Azuma Die meisten Japaner sprechen kein Deutsch, wir lernen es nicht in der Schule. Aber die junge Generation lernt Englisch, in Deutschland und in Japan, so dass eine Kommunikation möglich ist. Im Rathaus gibt es eine Informations-Ecke zu Meerbusch, dort werden Traditionen wie Karneval oder Schützenfest erklärt. Wir haben viele Unterstützer in Shijonawate, die unsere Städtepartnerschaft fördern. Die können unsere Botschafter sein.

Was sollten Meerbuscher über Shijonawate wissen?

Azuma Der Zusammenhalt der Bürger ist in Shijonawate sehr groß. Die Älteren achten morgens zum Beispiel darauf, dass die Kinder sicher zur Schule kommen und begleiten sie freiwillig. Und man besucht sich gegenseitig zu Hause, um zu schauen, ob es dem anderen auch gut geht. Das ist eines der besten Dinge in unserer Stadt - das sage ich auch immer unseren Bürgern.

CORINNA KUHS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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