Meerbusch Exportschlager Dunkelheit

Düsseldorf · Meerbusch preist gegenüber anderen Kommunen die Vorteile des nächtlichen Laternen-Abschaltens als nachahmenswert an. Es gebe "kaum Probleme". Betroffene Bürger und die Polizeigewerkschaft sehen das anders.

Meerbusch: Exportschlager Dunkelheit
Foto: Wolfgang Kaiser

Dienstagfrüh, kurz nach 1.30 Uhr. Die Straßenlaternen der Büdericher Anton-Holtz-Straße verlöschen. Darauf haben Kriminelle nur gewartet. Im Schutz der Dunkelheit pirschen sie sich an die Wirtschaft "Zum Kapellchen" heran. Normalerweise wäre die rückwärtige Tür ihr erster Ziel.

Die ist allerdings beleuchtet. Also wählen sie ein Fenster zur dunklen Straßenseite hin, brechen es auf und steigen ein. Drinnen knacken sie Spielautomaten.

Ein automatischer Alarm schreckt sie auf. Der im Haus wohnende Wirt Peter Zanders wacht auf und läuft in die Wirtschaft. Als er eintrifft, sind die Ganoven wieder in die Finsternis der Anton-Holtz- Straße abgetaucht.

Ähnliche Verbrechen finden in Meerbusch regelmäßig statt, seit die Stadt 2006 trotz massiver Bedenken der Bürger die Beleuchtung der Nebenstraßen wochentags zwischen 1.30 und 4 Uhr abschalten lässt. So spart Meerbusch etwa 50 000 Euro im Jahr. Die finanziellen Schäden bei den Opfern von nächtlichen Einbrüchen und Autoaufbrüchen kann man nur schätzen.

Nachahmer in Willich?

Damit nicht genug: Die Verwaltung ist derart zufrieden mit dem Ergebnis, dass sie es auch noch anderen Städten zur Nachahmung empfiehlt. Gerade wird in Willich darüber nachgedacht, das vermeintlich "erfolgreiche" Meerbuscher Modell zu übernehmen. Meerbuschs Verwaltung versicherte der Nachbarstadt, dass die nächtliche Dunkelheit auf Nebenstraßen "kaum Probleme" mit sich bringe.

Kreispolizeisprecher Hans-Willi Arnold gibt der Stadt Rückendeckung: Das Abschalten der Lampen habe keine merkliche Auswirkung auf die Sicherheitslage. Die gesamte Straßenkriminalität (Raub, Schlägereien, Einbrüche, etc.) sei sogar zurückgegangen. Rein statistisch überwiegen in Meerbusch bei den Einbrüchen vor allen die Taten während des Tages.

Scharfe Kritik kommt von der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG: "Das Abschalten von Laternen ist kontraproduktiv für die Sicherheitslage. So etwas fördert die Entstehung von Angsträumen", sagt der Gewerkschafts-Bundesvorsitzende Rainer Wendt. Dass die Polizei-Oberen des Kreises die Stadt nicht kritisieren, wundert ihn gar nicht: "Eine staatliche Institution wird der anderen doch nicht in die Quere kommen".

Wirt Zanders kann über sie Stadt nur den Kopf schütteln. "Nach 1.30 Uhr müssen wir oft für Gäste Taxen rufen, die nur ein paar Straßen entfernt wohnen." Gäste hätten angesichts der stockdunklen Straßen Angst — vor Kriminellen und vor Hindernissen wie Mülltonnen, die man zu spät sehe. Viele Bürger wie Magdalena Prumbaum aus Osterath greifen mittlerweile zur Selbsthilfe und haben in ihren Vorgärten Lampen mit Bewegungsmeldern installiert. So entsteht zumindest direkt vor dem eigenen Haus ein Gefühl von Sicherheit.

(RP)
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