Meerbusch Flüchtlingsfrauen lernen deutsche Küche

Meerbusch · Die Meerbuscherin Birgit Reis bringt Flüchtlingsfrauen heimische Gerichte nahe - mit überraschenden Ergebnissen.

 Apfelschälen: Birgit Reis (3. v. r.) mit Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Apfelschälen: Birgit Reis (3. v. r.) mit Frauen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Foto: Falk Janning

Manchmal funktioniert Völkerverständigung eben am besten über die profanen Alltagshandlungen: Äpfeln schälen, Kartoffeln schälen. Beim Projekt "International Kochen mit Flüchtlingen" der Büdericherin Birgit Reis werden heute Reibekuchen hergestellt. Gekocht wird im Ökotop Heerdt direkt an der Stadtgrenze zu Meerbusch. Dieses besondere Projekt wird nun mit einem Preis im Rahmen der Aktion "HelferHerzen" ausgezeichnet.

Teamwork ist angesagt: Jeweils eine deutsche Ehrenamtliche erklärt, teilweise mit Händen und Füßen, drei bis vier Frauen aus sechs verschiedenen Nationen, um welche Lebensmittel es sich handelt und welche Möglichkeiten es gibt, sie zu verarbeiten. Das kann durchaus auch bedeuten, einfach die Äpfel einzusammeln, die naturnah im Ökotop gewachsen und nun Fallobst sind. "Erst trauten sich die Flüchtlingsfrauen nicht so recht, die Früchte einfach aufzuheben", sagt Birgit Reis. Sie hat Koch-Projekt vor einem Jahr ins Leben gerufen hat. Die Büdericherin, die mit Beginn ihres Ruhestands mit 60 Jahren eine sinnvolle Tätigkeit suchte, engagiert sich seitdem für Flüchtlinge. Zunächst als "Lotse", der die Neuankömmlinge mit den deutschen Gepflogenheiten und Integrationsangeboten bekannt macht. "Die Menschen haben alles verloren, ihre Heimat, ihre Kultur, ihre Freunde", erzählt Reis. Sie seien unsicher und wollen alles richtig machen. Das zu lernen, sei im Kochtreff ganz ungezwungen möglich.

Zur Begrüßung die Hand geben, den Tisch schön zu decken, statt mit Fladenbrot mit Messer und Gabel zu essen - vieles ist anders in Deutschland. Am wichtigsten sei aber der Austausch, sagt Reis. Bei den Treffen entstünden Kontakte, die Ausgangspunkt für weitere Hilfestellungen und private Treffen seien. "Die Flüchtlinge wollen gerne Deutsche zu sich einladen, denn sie sind sehr gastfreundlich", hat sie festgestellt. Bei ihr klappt das schon prima, denn gleich nebenan lebt eine syrische Familie, der sie mit Rat und Tat zu Seite steht. Diese hat zum Kochtreff das Rezept einer syrischen Spezialität mitgebracht. Normalerweise sucht Birgit Reis vorher die Rezepte aus, die aus saisonal und hier wachsenden Zutaten gekocht werden und durchaus auch "typisch deutsch" sein können. So kamen ein Linsenauflauf und eine Sauerkrautlasagne auf den Tisch. Die Gruppe besteht derzeit aus 20 Frauen im Alter von 19 bis 60 Jahren, davon fünf Deutsche. Unterstützt wird sie von einem Schülerpraktikanten, der mit den Kindern während der Essensvorbereitung spielt. "Es wäre schön, wenn noch mehr deutsche Frauen teilnehmen würden. Dann ist die Kommunikation intensiver", wirbt Birgit Reis. Für sie ist das gemeinsame Kochen eine Bereicherung, die ihren Horizont erweitert hat. Der Kochtreff mit Flüchtlingen ist einer der 17 "HelferHerzen"-Preisträger im Bereich Düsseldorf/Neuss. Er wird vom dm-Drogeriemarkt mit Nabu, Kinderschutzbund und der Deutschen Unesco-Kommission verliehen und am Mittwoch, 28. September, übergeben. "Für viele Menschen ist es selbstverständlich, sich neben Job, Familie und Hobbys für andere einzusetzen, Hilfe anzubieten, wo es nötig ist, oder Zeit zu schenken. Mit unserer Initiative wollen wir sie auszeichnen und ihr Engagement für die Gesellschaft würdigen", sagt Rolf Posch vom dm-Drogeriemarkt, der die Preisgelder in Höhe von jeweils 1000 Euro stiftet.

(RP)
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