Meerbusch Kampf gegen Windmühlen

Düsseldorf · Kabarettist Ferruccio Cainero erreichte mit seinem Programm nicht jeden Zuschauer. Nach der Pause blieben einige Plätze im Forum Wasserturm in Lank-Latum frei.

„Ich werde gleich Deutsch reden – keine Angst“, verkündete Ferruccio Cainero im Forum Wasserturm in Lank-Latum. Der in der Schweiz lebende Italiener präsentierte sein Programm „Windmühlen aus Erinnerungen, Wörtern, Liedern und Träumen“, bei dem der Zuschauer auch mal ganz genau hinhören musste, um bei schnellem Tempo und südländischem Akzent bloß kein Wort zu verpassen.

Doch der Aufmerksame wurde mit märchenhaften Geschichten belohnt, die keinesfalls immer zum Lachen waren. So nannte sich Cainero selbst Sancho Panza, nach dem Schildknappen der Romanfigur Don Quijote, und warf unter dem Deckmantel dieser spanischen Geschichte die Frage auf, ob der Fortschritt wirklich immer begrüßenswert sei. Da tauchten zahlreiche Erinnerungen an die Jugend in Italien auf, etwa an die Vespa ohne elektrische Starthilfe, die ihn schlank machte, die Sehnsucht nach einer Freundin weckte und ihn letztendlich zum „fahrenden Ritter“ werden ließ, was nun seinem Sohn nicht mehr vergönnt sein soll. Da wurde durch Schimpfworte der Kontakt zu den Vorfahren hergestellt, oder der wachsende Bauchansatz kritisch beäugt: „Es geht nach vorne, aber ich weiß nicht, ob das gut ist“.

Leise Töne

Doch genauso plötzlich, wie das Publikum in die italienischen Erinnerungen eingetaucht war, so schnell beförderte sie Cainero wieder in die Gegenwart mit leisen politischen Tönen oder der Sorge um den Identitätsverlust der heutigen Generation. Der rote Faden in seinem Programm war dabei der Bezug zu Cervantes‘ Roman. So berichtete er, dass Don Quijote für ihn auch in einem betrunkenen Anstreicher steckte, mit einer Leiter als Lanze, einem Fahrrad als Pferd und einem Helm aus Zeitungspapier.

Mit viel Phantasie offenbarte er sich als Sternengucker, der stets Idealist geblieben ist. Unterbrochen wurde das schnelle Redetempo von spanischen und italienischen Liedern, die sich perfekt in das träumerische Programm einfanden. In der Märchenwelt wurden Vorgesetzte zu schwarzen Rittern, die Vespa zu Rocinante, dem Pferd von Don Quijote, und der Hausarrest zur Kriegsgefangenschaft. „Früher waren nur Matrosen tätowiert zur besseren Identifikation, den goldenen Ohrring trugen sie zum Bezahlen ihrer Beerdigung“, erinnerte sich der Künstler. Und stellte schließlich fest, dass sich die Welt geändert hat: „Die Menschen brauchen keinen Don Quijote mehr“.

Irrtum

Ein Irrtum – schließlich ist den Menschen die Leidenschaft geblieben. Die merkte man Cainero deutlich an, auch wenn der Funke nicht auf jeden einzelnen Zuschauer übersprang. Nach der Pause leerte sich der Saal deutlich. Eine Geschmacksfrage oder Kampf gegen Windmühlen?

(RP)
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