Meerbusch Kein Ersatz für entwurzelte Bäume

Meerbusch · Am Meerbuscher Rheinufer soll es keine Nachpflanzungen für die vom Pfingst-Orkan zerstörten Bäume geben. Hochwasserschutz geht vor Landschaftsschutz. Ein Gutachter nimmt bald seine Arbeit auf

 Mit Urgewalt hatte Orkan Ela mächtige Gewächse aus dem Boden gerissen. Unser Foto zeigt einen entwurzelten Baum am Büdericher Rheinufer.

Mit Urgewalt hatte Orkan Ela mächtige Gewächse aus dem Boden gerissen. Unser Foto zeigt einen entwurzelten Baum am Büdericher Rheinufer.

Foto: Röse

Deichgräf Claus-Henning Rolfs hat seit dem Pfingst-Orkan Ela viel zu tun. Er ist nicht nur für einen großen Abschnitt des Meerbuscher Rheindeichs zuständig, sondern auch für die Deiche auf Düsseldorfer Stadtgebiet. Und links- wie rechtsrheinisch hat der Sturm schwere Schäden angerichtet. "Mehr als 30 Pappeln, Ahorne, Linden und Platanen hat der Orkan Ela allein auf den Düsseldorfer Deichen entwurzelt", berichtet Rolfs. Auch am Meerbuscher Rheinufer, wo Ela heftig gewütet hat, werden in diesen Tagen die Zustände vor Ort überprüft und die noch stehenden Bäume auf Schäden untersucht. Wo riesige Wurzeln den Stämmen Jahrzehnte lang sicheren Halt verschafften, klaffen jetzt an manchen Stellen große Löcher im Erdreich. "Fest steht: Es werden keine neuen Bäume mehr gepflanzt", sagt Rolfs. Bis zum Beginn der Hochwassersaison am 1. November müssen alle Schäden beseitigt sein.

"Im Winterhalbjahr könnte ein extremes Hochwasser einen löchrigen und brüchigen Deich im schlimmsten Fall überwinden", sagt Rolfs. Seine Schlussfolgerung ist eindeutig: "Bäume haben auf einem Deich nichts zu suchen." Neu ist diese Erkenntnis nicht. Die Vorgaben der für den Hochwasserschutz mitverantwortlichen Bezirksregierung sind in diesem Punkt eindeutig. Die 14 Jahre alte Deichschutzverordnung verbietet nicht nur Baumpflanzungen auf der Deichkrone selbst, sondern auch in zehn Meter breiten Schutzzonen auf beiden Seiten des Deiches. "Bäume bieten Wind und steigendem Wasser Angriffspunkte, die es sonst nicht gäbe", erklärt Holger Schüttrumpf, Leiter des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Technischen Universität Aachen. Stürzen die Bäume mitsamt den Wurzelballen um, reißen sie den ausgeklügelt konstruierten Deich auf. Der ist nicht einfach ein Wall aus aufgehäufter Erde, sondern ein sehr genau berechnetes Bauwerk.

Das wurde bei der Sanierung des gut acht Kilometer langen Meerbuscher Rheindeiches beachtet. Trotz Protesten der Bevölkerung wurden an die 400 Bäume gefällt; darunter 150 Obstbäume in Langst-Kierst und eine Reihe aus 83 Pappeln in Nierst. Wohl auch deshalb ist die Situation nach Ela in Meerbusch weniger dramatisch als in Düsseldorf. Dort befinden sich an manchen Orten im Deich tiefe Löcher. "Die Düsseldorfer Deich-Bäume können langfristig nicht bleiben", erklärte gestern Helga Stulgies, die sich als Spitzenbeamtin im Düsseldorfer Rathaus unter anderem um den Baumbestand kümmert. Aspekte des Landschaftsschutzes müssten hinter einen lückenlosen Hochwasserschutz zurücktreten, forderte sie. Ein eigens engagierter Gutachter soll in den kommenden Monaten das genaue Konzept erarbeiten und Vorschläge machen, wann in welchem Abschnitt die Bäume fallen sollen. Wie in Meerbusch soll das voraussichtlich im Zuge der anstehenden Deichsanierung geschehen. Der Gutachter werde auch das Meerbuscher Rheinufer genau unter die Lupe nehmen, kündigte Deichgräf Rolfs an.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort