Meerbusch Kita-Streik: 100 Plätze in Notgruppen

Meerbusch · Am Vormittag demonstrierten Erzieherinnen für mehr Lohn, gleichzeitig verlangten Mütter in einem Brandbrief mehr Notgruppen. Die Stadt reagierte am Nachmittag. Die Ratsmehrheit will zudem, dass Elternbeiträge erstattet werden

 Mehrere hundert Erzieherinnen protestierten bei einer Demo der Gewerkschaft Komba gestern in Büderich für mehr Lohn. Unterstützt wurden sie dabei von vielen Müttern, die mit ihren Kindern bei der Aktion dabei waren.

Mehrere hundert Erzieherinnen protestierten bei einer Demo der Gewerkschaft Komba gestern in Büderich für mehr Lohn. Unterstützt wurden sie dabei von vielen Müttern, die mit ihren Kindern bei der Aktion dabei waren.

Foto: Ulli Dackweiler

Ruth Ernst sagt es ganz klar: "Wir wollen Transparenz, müssen jetzt ja auch mal wissen, ob wir unsere Beiträge wiederbekommen. Und vor allem wollen wir wissen, wie es weitergeht." Mit ihrer Forderung war die dreifache Mutter gestern mittag nicht alleine. Sonja Kallmayer ist ebenfalls ihrer Meinung: "Ein paar Tage kann man die Kinderbetreuung über unser Mütter-Netzwerk ja organisieren, aber dauert der Streik denn noch bis Ende des Monats?" Beide Frauen sind neben anderen Eltern Mitglied im Elternbeirat des Familienzentrums Frohnhof und hatten einen Brandbrief verfasst. Den überreichten sie gestern Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage (CDU). Sie nahm sich Zeit für die Abordnung von den mittlerweile fast wütenden Müttern, die mitsamt ihrer Kinderschar einfach ohne Termin ins Vorzimmer der Bürgermeisterin marschierten. Die nahm es gelassen: "Ich verspreche es: Ich kümmer' mich." Das tat sie dann auch direkt wenige Stunden später: Die Stadt Meerbusch stellt jetzt nicht nur 85, sondern 100 Plätze in Notgruppen zur Verfügung. Damit sind zehn Prozent der Kinder, die in den städtischen Einrichtungen betreut werden, Plätze für die unbestimmte Zeit des Streiks geschaffen.

Zuvor waren mehrere hundert Erzieherinnen aus Meerbusch, aber auch aus Grevenbroich, Kaarst oder Dormagen vom Eisenbrand auf den Dr.-Franz-Schutz-Platz marschiert. Mit großem Getöse: Trillerpfeifen, Rasseln und laute Musik begleiteten die Demo, die die Gewerkschaft Komba organisiert hatte. Von den 26 Kitas in Meerbusch sind die neun städtischen vom Streik betroffen - und damit rund 750 Kinder. Das heißt für die Eltern: Wer keinen Platz in einer Notgruppe ergattern konnte, muss sich organisieren. Barbara Wesian musste sich diese Woche frei nehmen, in der vergangenen Woche hatte sich ihr Mann um die Kinder gekümmert. Sie arbeitet als Arzthelferin in Vollzeit. Ihre Tochter war bereits sechs Jahre im Frohnhof, ihr knapp zweijähriger Sohn Tristan jetzt auch. "Darum weiß ich genau, was die Erzieherinnen leisten und unterstütze sie in ihren Forderungen." Genau diesen Eltern dankte auch Andreas Hemsing, der Vize-Bundesvorsitzende der Komba. Er dankte natürlich auch den Erzieherinnen, die aus seiner Gewerkschaftssicht genau das Richtige tun: für ihre Interessen einstehen. "Heute haben wir einen gewerkschaftlichen Protest, den es so in Meerbusch noch nicht gegeben hat", rief er unter dem lautstarken Jubel der Demonstrantinnen. "Ihr seid mehr wert, als ihr heute an Gehalt bekommt", so Hemsing. Dass es an Wertschätzung der Arbeit der Erzieherinnen fehlt, glauben auch die beiden Dreifach-Mütter und Juristinnen Ruth Ernst und Sonja Kallmayer. "Vor allem die frühkindliche Erziehung muss mehr wertgeschätzt werden." Gleichwohl geben sie zu, durch diesen Streik viel innerhalb ihrer Familien organisieren zu müssen. "Vor allem haben wir hohe Zusatzkosten."

3000 Teilnehmer bei Demo zum Kita-Streik in Köln
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3000 Teilnehmer bei Demo zum Kita-Streik in Köln

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Die schwarz-grüne Ratsmehrheit will genau dieses Thema am Donnerstag im Rat diskutieren. Sie stellt für die Sitzung (Beginn 17 Uhr, Aula des Meerbusch Gymnasiums Strümp) den Dringlichkeitsantrag, bereits gezahlte Verpflegungskosten und Elternbeiträge an die Familien zurück zu erstatten. CDU-Chef Werner Damblon: "Auch wenn es keine rechtliche Verpflichtung dazu gibt: Es kann ja nicht sein, dass die Stadt indirekt von diesem Streik profitiert." Es sei ein Gebot der Fairness, die Beiträge zurückzuzahlen, vor allem dann, wenn der Streik noch weitere Wochen dauere. Damblon weiß: "Mehr können wir nicht tun, weil wir als kleine Kommune nichts entscheiden können. Aber wir wollen auf jeden Fall ein Signal an die Eltern geben." Um welche Gesamtsumme es sich handelt, muss noch ausgerechnet werden.

(RP)
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