Meerbusch Landwirte beklagen Flächenfraß

Meerbusch · 3,6 Prozent landwirtschaftliche Flächen sind in den vergangenen zehn Jahren in Meerbusch verloren gegangen. Mit dem A57-Ausbau und dem A 44-Gewerbegebiet verlieren die Bauern weiteres Ackerland. Betriebe werden schließen müssen.

 Wilhelm Paschertz auf einer Ackerfläche mit Rhabarber in der Nähe der Autobahn 57 - auch hier fallen mit dem Autobahnausbau Flächen weg.

Wilhelm Paschertz auf einer Ackerfläche mit Rhabarber in der Nähe der Autobahn 57 - auch hier fallen mit dem Autobahnausbau Flächen weg.

Foto: Ulli Dackweiler

Eine neue Statistik zur Flächenentwicklung in Meerbusch lässt aufhorchen: Die Verkehrsfläche ist laut Landesbetrieb IT NRW seit 2006 um 15 Prozent vergrößert worden, die Erholungsfläche sogar um 24,3 Prozent. Die Landwirte aber müssen einen Flächenverlust hinnehmen: Statt 3586 Hektar sind es nur noch 3458 Hektar - ein Rückgang von 3,6 Prozent. Wilhelm Paschertz, Sprecher der Meerbuscher Landwirte, warnt: "Uns fehlen zunehmend die Ackerflächen, um unseren Beruf auszuüben."

Die Debatte um das 120 Hektar große Interkommunale Gewerbegebiet mit Krefeld hat die Sorgen der Landwirte noch einmal verstärkt. Zwei Betriebe würden dadurch "platt gemacht", wenn das Gewerbegebiet in geplanter Größe kommt, schätzt Wilhelm Paschertz. "Man muss wissen, dass zu den 120 Hektar wegfallender Ackerfläche mindestens die gleiche Größe an Ausgleichsflächen anderswo kommt." Die Fläche an der A 44 sei nicht der einzige Grund für den Flächenfraß - auch die Verbreitung der A 57 werde für den Wegfall von wichtigen Ackerflächen sorgen, sagt der Bösinghovener Landwirt, der selbst Gemüse auf Feldern in Krefeld, Willich und Meerbusch anbaut. "Der Flächenverbrauch ist in Ballungsgebieten mittlerweile immens."

Im Kontext der Debatte um die Ansiedlung des Interkommunalen Gewerbegebietes gab es Stimmen, die anmerkten, dass die Landwirte letztlich profitierten, weil sie ja Geld aus dem Verkauf der Flächen erhalten. Dies sei aber ein Irrglaube, entgegnet Wilhelm Paschertz. "Oft ist es so, dass wir als Gemüsebauern die Flächen nur noch anpachten von Landwirten, die zu alt sind, um das Land noch selbst zu bewirtschaften. Deren Kinder wollten den Betrieb nicht weiterführen." Im Falle der geplanten 70 Hektar Gewerbegebiet auf Meerbuscher Fläche gehöre das Land mehreren Eigentümern. Das größte Stück Fläche gehöre einem Landwirt aus Euskirchen, sagt Paschertz. Der bewirtschaftet den Boden zwar selbst; er habe aber auch noch andere Flächen, weshalb ihn der Verlust des Ackerlandes nicht so heftig träfe wie einige Meerbuscher Landwirte.

Ein betroffener Landwirt ist auch Andreas Hoppe, Ratsherr der CDU und einziger Bauer im Stadtrat. Vor der jüngsten Entscheidung für das Interkommunale Gewerbegebiet wandte er sich gegen die Planung. "Wenn jetzt Ackerfläche an dieser Stelle wegfällt, dann steht für die gleiche Zahl an Landwirten weniger Fläche zur Verfügung. Auch die Krefelder Landwirte werden darauf drängen, hier in Meerbusch Flächen zu pachten. Das macht es für alle schwerer." Laut Hoppe haben die meisten Landwirte 50 bis 60 Prozent ihrer Flächen gepachtet. Die Flächen an der A 44 seien die wertvollsten in ganz Meerbusch. Dort könne man selbst hochwertiges Gemüse wie Zucchini anbauen.

Auch Landwirt Wilhelm Paschertz sagt: "Dieser Boden ist für Landwirte die Sahnetorte in ganz Meerbusch." Hoppe schlägt deshalb immer noch vor, das Gewerbegebiet anderswo anzusiedeln, etwa am Mönkesweg. "Aber das will die Regierungspräsidentin nicht."

Landwirt Wilhelm Paschertz aus Bösinghoven verweist auf Gutachten, die für Meerbusch nur einen Gewerbeflächenbedarf von 28 Hektar sehen. Darauf habe man die Politik auch mehrfach hingewiesen. "Ich habe aber das Gefühl, dass unsere Hinweise im Planungsausschuss überhaupt nicht ernst genommen wurden." "Stadt im Grünen" sei Meerbusch für ihn bald nicht mehr. "Wenn das Gebiet einmal erschlossen ist, dann kommt es nie mehr grün zurück."

(RP)
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