Meerbusch Lienenkämper: "Wir reden erst über Inhalte, dann über Personal"

Meerbusch · Es war eine Anmerkung von Ratsfrau Gabi Pricken, die am Sonntagabend, mitten im großen Jubel auf der CDU-Wahlparty im Büdericher Gasthaus "Zur Krone", für einen kurzen nachdenklichen Moment sorgte. "Mit dem Wahlergebnis bin ich aus tiefstem Herzen zufrieden, aber einen Haken hat das Ganze", sagte Pricken. "Die AfD sitzt jetzt im Landtag in Düsseldorf. Diese Partei haben auch Menschen in unserer Stadt gewählt. Da scheinen einige aus unserer Geschichte nichts gelernt zu haben, und das macht mir Sorgen."

 Balken machen Gewinn und Verlust der Parteien in Meerbusch deutlich.

Balken machen Gewinn und Verlust der Parteien in Meerbusch deutlich.

Foto: votemanager.de

Tatsache ist: Rund 5,3 Prozent der Wählerstimmen hat die "Alternative für Deutschland" in Meerbusch aus dem Stand errungen. Das ist weniger als in fast allen Kreiskommunen - in Dormagen etwa holte die Partei rund 8,0 Prozent -, trotzdem haben 1580 Bürger auf der rechten Seite des Wahlzettels bei der AfD ihr Zweitstimmen-Kreuzchen gemacht. Mit Blick auf die acht Meerbuscher Stadtteile wurde in Ossum-Bösinghoven (5,8 Prozent) und in Strümp (5,6 Prozent) am häufigsten AfD gewählt. Warum? "Ich würde da in einer kleinen Stadt wie Meerbusch nicht zu viel hineininterpretieren", sagt CDU-Chef Werner Damblon. "Sicher: Jeder AfD-Wähler ist meiner Meinung nach einer zu viel. Da gibt es die einen, die eine politische Einstellung haben, an die man nicht rankommt, und es gibt aber auch die, die tatsächlich aus Protest wählen und sich zurückerobern lassen. Das sollte das Ziel sein: weniger als fünf Prozent für die AfD in Meerbusch und im Land."

Meerbusch: Lienenkämper: "Wir reden erst über Inhalte, dann über Personal"
Foto: Tinter Anja

Ähnlich sieht das auch einer der großen Gewinner der Landtagswahl 2017 - Lutz Lienenkämper: wiedergewählter Direktkandidat im Wahlkreis 46, Strümper, CDU-Kreischef, Parlamentarischer Geschäftsführer der schwarzen Landtagsfraktion, Staatsminister "außer" und möglicherweise bald wieder "im" Dienst. Eine Koalition mit der "Alternative für Deutschland" schließt Lienenkämper aus.

"Wir als CDU sind jetzt in der Verantwortung, eine bessere Politik für unser Land zu organisieren", sagt der Meerbuscher. "Der Landesvorstand wird heute Abend (Montag, Anm. d. Red.) allen demokratischen Parteien Gespräche anbieten. Was eine mögliche Zusammenarbeit angeht, gibt es keinen Automatismus - außer, dass wir nicht mit der AfD sprechen. Ansonsten müssen wir uns ihr klar stellen und politisch argumentieren."

Eine Antwort auf die Frage, ob die wiederauferstandene FDP - in Meerbusch holten die Liberalen am Sonntag beachtliche 23,3 Prozent der Zweitstimmen, 2012 waren es 10,4 - trotz offener Koalitionsgespräche in Wahrheit die CDU-Traumpartnerin ist, gibt Lienenkämper nicht. "Wie gesagt, wir sprechen mit allen."

Erst reden und sondieren, dann beraten und entscheiden: Das, sagt der 47-Jährige, der von Anfang 2009 bis Mitte 2010 schon einmal Minister - nämlich für Bau und Verkehr in Nordrhein-Westfalen - war, sei auch der Weg, wenn es um seine persönliche politische Zukunft geht. "Ganz ehrlich: Ich habe diesbezüglich keine Vorstellung und keine Präferenz. Wir müssen jetzt erst einmal Koalitionsgespräche führen und dann sehen wir weiter, wer im Team für welche - möglicherweise auch neu zugeschnittenen - Aufgaben zur Verfügung steht. Alles andere ergibt auch keinen Sinn."

Weniger Bürokratie und mehr Politik mit gesundem Menschenverstand - darauf setzt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (CDU) nach dem Machtwechsel im Land. "Das betrifft viele Bereiche, die sich unmittelbar in den Kommunen auswirken könnten", sagt Petrauschke. Beispiel Wirtschaft: "Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist ein Bürokratiemonster und gehört reformiert. Kleine Unternehmen haben oft gar nicht die Chance, sich an Ausschreibungen zu beteiligen." Auch die von Rot-Grün an den Start gebrachte Hygieneampel für die Gastronomie hat Petrauschke auf der Liste für schnelle Änderungen: "Betriebe, die - und sei es nur wegen Fehlern in ihrer Dokumentation - eine gelbe Ampel bekommen, laufen Gefahr, Umsätze zu verlieren." So würden Existenzen gefährdet, ohne dass die Kontrollen besser oder intensiver seien als früher.

Auf schnelle Reformen hofft der Landrat auch im Schulbereich, zumindest, wenn es um das Thema Inklusion geht. "Förderschulen dürfen nicht geschlossen werden. Wir müssen mit den Eltern die richtigen Schulangebote für ihre Kinder finden und das entsprechende Angebot vorhalten." Wer Inklusion wolle, dürfe zudem nicht nur Lehrerstellen schaffen, sondern müsse auch dafür sorgen, dass diese Stellen besetzt würden.

(RP)
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