Meerbusch Musiker statt Handwerker

Düsseldorf · Der Bösinghovener Walter Jordans merkte schnell, dass die Musik seine Passion ist. Der Klarinettist verdiente damit mehr als 30 Jahre lang seinen Unterhalt. Bis heute kümmert sich um den Fortbestand der Musikgruppe "Camerata"

Walter Jordans (70) ist eigentlich Handwerker. Bei Böhler hat er Dreher gelernt. Doch der Umgang mit Metall war offenbar nicht so ganz das, was er sich unter einem erfüllenden Berufsleben vorstellte. Eine Fahrt mit der Böhlerkapelle nach Österreich gab den Anstoß. Mit 18 Jahren lernte Jordans Klarinette – und spielt dieses Instrument bis heute. "Mein Vater, der ebenfalls bei Böhler beschäftigt war, wollte, dass ich Trompete spiele. Doch das war nichts für mich. Hans Pütz, der damalige Leiter der Werkskapelle unterstützte mich bei meinem Wunsch, Klarinette zu spielen und schickte mich 1964 aufs Konservatorium", so Jordans.

Der in Büderich geborene und in Bösinghoven lebende Jordans studierte ein Jahr auf Probe, dann wurde es so richtig ernst mit der Musik. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Zeit. Der Student arbeitete abends bei der Post, um seinen Eltern Kostgeld zahlen zu können – so wie es Mitte des vergangen Jahrhunderts noch üblich war.

1967 gewinnt Jordans den Hochschulwettbewerb des Robert-Schumann-Instituts. Im gleichen Jahr spielt er bei der Oper Duisburg vor. Erfolgreich. Er bekommt Einladungen nach Salzburg zu den Festspiele und verdient seinen Unterhalt ab 1970 mit Musik. Er wird Lehrer an der Meerbuscher Musikschule, Nach zwei Jahren wird er dort stellvertretender Leiter. "Wir waren damals gut aufgestellt", denkt er gern zurück. "Es gab fünf Symphonieorchester, davon zwei mit Bläsern, die Schule hatte 2300 Schüler. Heute sind es noch etwa 900", sagt er bedauernd.

Seit 2000 ist Jordans im Ruhestand, macht Musik nur noch aus Leidenschaft, gibt Privatstunden und kümmert sich um den Fortbestand der inzwischen 32 Jahre alten Musikgruppe "Camerata", sucht immer wieder Profi-Musiker, die Lust haben, klassische Werke aufzuführen. "In der Camerata spielen Schüler und Profis zusammen. Das macht den Reiz aus und ist ein Chance für junge Musiker", erläutert er das Konzept.

Unterstützung bekommt er von der Evangelischen Gemeinde in Strümp. Dort ist Auftritts- und Probeort – wie auch für die Gruppe "Stringendo" mit Wolfgang Richter an der Spitze. Die beiden Musiker kennen sich und kooperieren. Auch der Meerbuscher Kulturkreis (MKK) fördert die beiden Meerbuscher Gruppen. "Es ist gut, wenn junge Menschen ein Instrument lernen", findet Jordans. Doch es werde immer schwieriger, junge Menschen zu begeistern. "Bis zum Alter von zehn Jahren stehen die Chancen gut." Dann werde es schwieriger, Jugendliche für Instrumente zu gewinnen. Wichtig findet Jordans, dass die Schüler freiwillig kommen und nicht von Eltern in Musikstunden gedrängt werden.

Sein eigener Sohn hat natürlich ein Instrument gelernt. Zuerst Flöte, dann Schlagzeug. Doch da fehlten Probemöglichkeiten.

(RP)
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