Meerbusch Mutwillig 110 gewählt? Das wird teuer

Meerbusch · Immer wieder kommt es vor, dass Anrufer Polizei oder Feuerwehr mit frei erfundenen Notfällen in die Irre führen. Das gilt allerdings alles andere als ein Kavaliersdelikt — im schlimmsten Fall droht eine Gefängnisstrafe

Als "ein lustiger Streich" geht das nicht durch. Wer "im Ulk" die Notrufnummer 110 oder 112 anruft und Einsatzkräfte mit einem vermeintlichen Brand oder Verbrechen bewusst in die Irre führt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. "Bei solchen Anrufen hört der Spaß auf", sagt Hans-Joachim Klein. Der Leiter des Amtes für Sicherheit und Ordnung beim Rhein-Kreis Neuss berichtet, dass "geschätzte 100 Mal am Tag" Menschen bei der Leitstelle anrufen, ohne in einer echten Notlage oder Zeuge einer solchen Situation zu sein.

Immer wieder kommt es vor, dass Rettungskräfte auf einen solchen Anruf hin zum Beispiel mit einem Großaufgebot und mit Löschfahrzeugen zu einem vermeintlichen Brandort ausrücken. Von Feuer keine Spur, alles ist in bester Ordnung. "So etwas erzeugt einen enormen Unmut bei den oft ehrenamtlichen Helfern, die alles stehen und liegen gelassen haben, um zu helfen", erklärt Frank Mohr von der Freiwilligen Feuerwehr Meerbusch.

In solchen Fällen wird mit aller Härte vorgegangen. Gegen den Anrufer, dessen Nummer und Name aufgrund technischer Möglichkeiten schnell ermittelt werden kann, wird Strafantrag wegen Notrufmissbrauch gestellt. Die Sache landet dann bei der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen aufnimmt.

Das Strafgesetzbuch sieht für den Missbrauch von Notrufen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Auf den Übeltäter können außerdem die Kosten für den Einsatz zukommen.

"Nicht selten ist außerdem, dass Leute mit der 112 ihr neues Handy ausprobieren", berichtet Klein. Bleibt es bei einem einzigen Fall, dann kann es sein, dass der Kreis ein Auge zudrückt. Kommt es jedoch mehrmals vor, dass von ein und demselben Telefon oder Handy die Leitstelle angerufen wird, ohne dass auch etwas passiert ist, dann ergeht Strafantrag wegen Notrufmissbrauchs gegen den Anrufenden. "Pro Monat kommen auf Kreisebene solche Strafanträge im Schnitt ein- bis zweimal vor", berichtet der Kreisordnungsamtsleiter.

Er betont, dass die missbräuchliche Nutzung der 112 oder 110 nicht nur eine Straftat darstellt, sondern eigentlich noch viel schlimmer ist: "Durch die Blockierung von technischen und personellen Ressourcen können Menschenleben in echten Notfällen gefährdet sein."

Oft sind es auch Kinder, die in unbeobachteten Augenblicken zum Telefon greifen und die Notnummer anrufen. Ein Strafantrag wird zwar dann nicht gestellt, aber es gibt einen Anruf bei den Eltern. Mit der Ermahnung, dem Nachwuchs den Sinn von Notrufnummern klarzumachen.

Bei der Polizei im Rhein-Kreis Neuss laufen ebenfalls immer wieder Anrufe unter 110 auf, bei denen es um alles andere als um klassische Notfälle geht. Da ruft etwa ein älterer Mann an, der sich bei der Telefonvermittlung wähnt und die Nummer eines Freundes in Erfahrung bringen will. "Wir haben dem Anrufer unbürokratisch geholfen und ihm die gewünschte Nummer aus dem Telefonbuch herausgesucht", erzählt Polizeisprecherin Daniela Dässel.

Verwählt, verwirrt oder Kinder wählen die 110: In solchen Fällen stellt auch die Polizei keinen Strafantrag auf Missbrauch von Notrufnummern. Nur, wenn es offensichtlich ist, dass Rettungskräfte alarmiert wurden, obwohl wissentlich noch nicht einmal ansatzweise ein Grund dafür vorliegt, wird ein Strafantrag gegen den Anrufer gestellt. "In Meerbusch hat es in den Jahren 2014 und 2013 jeweils drei entsprechende Fälle gegeben", so Dässel.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Sowohl Polizei als auch Feuerwehr ermuntern jeden ausdrücklich dazu, zum Telefonhörer oder Handy zu greifen und die 110 oder 112 zu wählen, sobald irgendetwas Ungewöhnliches beobachtet wird.

"Wenn zum Beispiel jemand eine fremde Person im Garten des Nachbars sieht, dann sollte man unbedingt die Polizei alarmieren", betont Dässel.

Stellt sich später heraus, dass der vermeintliche Einbrecher in Wahrheit der Schwager des Nachbarn ist und sich also ganz legal auf dessen Grundstück aufhält, dann führt das für den Anrufer natürlich zu keinerlei Konsequenzen. Gleiches gilt für ähnliche begründete Verdachtsmomente.

"Wir sind auf die Mithilfe der Bürger zwingend angewiesen und gehen jedem in einem Telefonat geschilderten Sachverhalt nach", versichert die Polizeisprecherin. Im Zweifelsfall geht es schließlich um Leben oder Tod.

(RP)
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