Meerbusch-Osterath Ein Dorf kämpft für seinen Paketzusteller

Meerbusch · Norbert Friesl war mehr als drei Jahrzehnte Paketzusteller in Meerbusch-Osterath, dann wurde er versetzt. Das wollen die Menschen im Ort nicht hinnehmen – sie sammeln Unterschriften für die Rückkehr des Post-Mitarbeiters.

 Norbert Friesl in seinem Garten in Büderich: Der Paketzusteller freut sich über die Sympathiebekundungen seiner Kunden.

Norbert Friesl in seinem Garten in Büderich: Der Paketzusteller freut sich über die Sympathiebekundungen seiner Kunden.

Foto: Anke Kronemeyer

Norbert Friesl war mehr als drei Jahrzehnte Paketzusteller in Meerbusch-Osterath, dann wurde er versetzt. Das wollen die Menschen im Ort nicht hinnehmen — sie sammeln Unterschriften für die Rückkehr des Post-Mitarbeiters.

"Wo kann ich unterschreiben?" Überall dort, wo Yvonne Slavescu-Nauen mit ihrer Unterschriftenliste auftaucht, wird sie ihr förmlich aus der Hand gerissen. Alle wollen sofort ihre Unterschrift leisten und setzen sich damit für die Rückkehr von Norbert Friesl als Paketzusteller in Osterath ein. "Er hat 36 Jahre hier seinen Dienst getan, wir waren alle super zufrieden mit ihm," heißt es einmütig in Osterath. Seitdem Friesl nicht mehr die Pakete austeile, würde nichts mehr klappen.

 Der Weg von Yvonne Slavescu-Nauen (re.) führt sie auch in den Friseursalon von Monika Schmitt.

Der Weg von Yvonne Slavescu-Nauen (re.) führt sie auch in den Friseursalon von Monika Schmitt.

Foto: anke kronemeyer

Yvonne Slavescu-Nauen legt nicht nur in Osterath die Unterschriftenlisten aus, sondern hat auch eine Petition an den nordrhein-westfälischen Landtag geschickt - die nach Berlin weitergeleitet wurde - und hat schon einen Brief an die Deutsche Post geschrieben. Die Antwort hat sie nicht zufriedengestellt. "Das war so ein allgemeiner Brief mit Baukastensätzen. Und dann haben die mir noch zwei Paketmarken als ,Wiedergutmachung der vergangenen Fehlleistungen' geschickt. Die habe ich denen aber zurückgeschickt." Sie hofft, dass sie mit den Unterschriftenlisten, die jetzt in Osteraths Läden ausliegen, mehr erreichen kann. Ihr Facebook-Eintrag habe auf jeden Fall schon mal so viel Zuspruch gebracht, dass sie sich dazu entschlossen habe.

Monika Schmitt ist eine von denen, die immer sehr zufrieden mit Norbert Friesl war. Die Inhaberin von zwei Friseurgeschäften fand ihn "supernett und freundlich und vor allem motiviert". Er habe die Pakete sogar nach Hause gebracht, wenn er sie nicht im Geschäft angetroffen hätte. Björn Broda aus dem Schmuck- und Uhrengeschäft gegenüber denkt ähnlich: "Der ist ein richtig guter Mann. Wir hätten ihn auch gerne wieder." Jens Paschmanns aus dem Geschäft für Brillen und Hörgeräte legt auch sofort die Unterschriftenliste aus. "Der Herr Friesl war immer zuverlässig und sehr nett. Man konnte auch mal so mit ihm quatschen." Die Paketzusteller, die ihn jetzt beliefern, seien ganz anders im Umgang. Die Damen in der Apotheke sehen das genauso: "Wir vermissen den Norbert Friesl sehr."

 Karolin Voitz (l.) und Annkathrin Stüttgen legen die Liste bei Mrs. Books aus.

Karolin Voitz (l.) und Annkathrin Stüttgen legen die Liste bei Mrs. Books aus.

Foto: anke kronemeyer

Holger Tiggelkamp hat schon auf einer der ersten Listen unterschrieben und legt die neue Liste auch gerne in seinem Reisebüro aus. "Mit Herrn Friesl hat das immer gut geklappt, wenn Reisedokumente unterwegs waren. Die kommen jetzt später, die Lieferung ist wesentlich schlechter." Annkathrin Stüttgen und Karolin Voitz aus der Buchhandlung Mrs. Books kreischen sogar ein bisschen auf, als Yvonne Slavescu-Nauen fragt, ob sie die Unterschriftenliste dort auch auslegen darf. "Natürlich, der Herr Friesl war immer so freundlich und kompetent und unterscheidet sich total von anderen Paketzustellern", sagen die beiden Verkäuferinnen. Marion Daniel aus dem Schreibwaren- und Lottogeschäft geht sogar mit Friesl, dem Fortuna-Fan, gemeinsam zu Fußballspielen des Zweitligisten. Sie merke den Unterschied total zu den Postboten, die auf Friesl gefolgt seien, sagt sie. "Die Sachen kommen jetzt meistens später bei uns an."

Hikmet Aksoy aus dem Dorfcafé reagiert sogar wütend und mit einem nicht zitierfähigen Wort darauf, dass Norbert Friesl nicht mehr in Osterath eingesetzt werde. "Wirklich schade", meint er und sammelt auch gerne Unterschriften, damit Friesl wieder zurückkommt. Die Chancen aber stehen offenbar nicht so gut.

Die Post spricht von "normalen Umstrukturierungen". "Natürlich freuen wir uns im Grundsatz, dass unsere Mitarbeiter so integriert sind und alle glücklich machen", sagt Konzern-Sprecher Rainer Ernzer. Es gebe immer wieder solche Fälle, dass ein langjähriger Mitarbeiter versetzt werde und die Kunden ihm nachtrauern. Das Paketgeschäft boome, das Unternehmen habe Personalentscheidungen treffen müssen. Jetzt sei die Post-Tochter DHL Delivery zuständig. Er sei sich sicher, dass die Nachfolger von Norbert Friesl sich auch bald in den Bezirk eingearbeitet haben.

 Jens Paschmanns vermisst Norbert Friesl ebenfalls.

Jens Paschmanns vermisst Norbert Friesl ebenfalls.

Foto: anke kronemeyer

Und der Betroffene selbst? Der ist sogar ein bisschen gerührt über all die Sympathiebekundungen seiner Kundschaft.

Norbert Friesl ist noch ein "Urgestein" der Post: 1974 dort als Postjungbote angefangen, war er schon in jungen Jahren in Osterath für die Telegrammzustellung zuständig — damals, als es noch Telegramme gab. 30 Jahre war der jetzt 58-Jährige in der Paketzustellung. Jetzt betreut er die Haushalte in Ilverich, Langst-Kierst und Nierst. Dort sei es auch schön, aber eben anders als früher in Osterath.

(ak)
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