Meerbusch Rock am Turm fällt aus

Düsseldorf · Nachdem rechte Internetseiten aus Neuss und Berlin gegen das Meerbuscher Traditionskonzert hetzen, hat der Verein Rock am Turm die Notbremse gezogen und die für den 27. Dezember geplante Veranstaltung abgesagt.

Erstmals in der zehnjährigen Geschichte von Rock am Turm haben die Veranstalter das traditionell für den "dritten Weihnachtstag" in Lank-Latum stattfindende Konzert gestern Abend abgesagt – offiziell wegen des "schlechten Kartenvorverkaufs". "Die Attraktivität der Veranstaltung war anscheinend nicht ausreichend", so der Rock-am-Turm-Vorsitzende Christian Olejnik.

Der ausschlaggebende Grund sind laut Rock-am-Turm-Schatzmeister Marius Luciano allerdings Einträge in rechten Internetseiten aus Berlin und Neuss, die das Konzert als "Treffpunkt gewaltbereiter Linker" diffamieren, die dort "antideutsche Hetzparolen" skandieren wollten – außerdem nannten die Rechten die Adresse des Veranstaltungsorts und kündigten "weitere Informationen" an. Andere rechtsextreme Seiten verbreiteten diese "Nachricht" weiter .

"Aus der Erfahrung aus anderen Städten sprach viel dafür, dass sich sowohl rechts- als auch linksextreme Gruppierungen auf Rock am Turm einschießen würden, um sich dort eine Plattform für ihre gewaltsamen Auseinandersetzungen zu suchen", sagt Luciano.

Den Veranstaltern war das Risiko zu groß, dass jugendliche Besucher bei An- oder Abreise von Neonazis angegriffen werden oder zwischen die Fronten gewaltbereiter Extremisten geraten könnten. Die Polizei hatte angeboten, die Veranstaltung im Forum Wasserturm zu schützen. Sie kann aber natürlich nicht jede Straße in der gesamten Nachbarschaft gleichzeitig kontrollieren. "Für uns steht die Sicherheit von Bevölkerung und Stadt im Vordergrund. Man muss auch den Mut besitzen, anfänglich unpopuläre Entscheidungen zu treffen, die sich jedoch mit Sicherheit als richtig herausstellen werden", so Luciano. Die Stadtspitze habe die Entscheidung befürwortet.

Gut 300 bereits verkaufte Zwölf-Euro-Karten werden nun an den Verkaufsstellen wieder zurückgenommen. Für per Internet erworbene Karten wird der Kaufpreis direkt zurücküberwiesen.

Die Bands Fünf vor Zwölf, Synatic, Black Sheriff, BxDxF, Vollsprung sowie Viva-Star Joachim Deutschland mussten ausgeladen werden. Das weitere Schicksal des Vereins, dessen Schwerpunkt seit zehn Jahren die Organisation des beliebten Konzerts ist, ist unklar.

Die Aktivität von Neonazis in Meerbusch war in den vergangenen Jahren rückläufig, der Staatsschutz kennt die Betreffenden. Allerdings wissen die Beamten auch von einem gewaltbereiten "schwarzen Block" in Neuss. Mutmaßliche Rechtsextreme waren zuletzt im Frühjahr 2008 in Meerbusch aktiv und hatten ein Hakenkreuz in die Fensterscheibe des SPD-Büros in Osterath geritzt und die Scheiben beschmiert. Der oder die Täter konnten nicht ermittelt werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort