Meerbusch Sorge um Meerbuschs historische Gräber

Meerbusch · Immer mehr Grabstätten, die viel über die Geschichte vor Ort erzählen können, werden aufgegeben.

 Eines der imposantesten Grabmale in Büderich: die von einer Steinmauer eingefasste Grabstätte der Familie Werhahn.

Eines der imposantesten Grabmale in Büderich: die von einer Steinmauer eingefasste Grabstätte der Familie Werhahn.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Heute zu Allerheiligen gehen viele Menschen auf den Friedhof, besuchen die Gräber ihrer Lieben und zünden ein Licht an. Wenn man aufmerksam durch diesen Ort der Stille wandert, stellt man fest, dass sich die Begräbniskultur durch die Jahrhunderte gewandelt hat. Während früher ortsansässige bekannte Familien ihre Bedeutung auch über den Tod hinaus mit großen Grabmälern dokumentierten, geht es heute eher schlicht, manchmal sogar anonym zu. Zudem: Manche Grabstätten werden aufgelöst und ihre Grabsteine verschwinden. "Ein unersetzlicher Verlust", findet nicht nur der Historiker Mike Kunze. Denn Grabsteine erzählen viel über die Geschichte eines Ortes. "In Meerbusch stehen nur Grabmale aus dem 18. Jahrhundert und älter unter Denkmalschutz", berichtet Kunze. Er möchte, dass auch Grabstätten jüngeren Datums unter Schutz gestellt werden.

 Auf dem Büdericher Friedhof bilden die historischen Grabstätten mit ihren Hochkreuzen eine Art Allee, die mittlerweile mehrere Lücken aufweist.

Auf dem Büdericher Friedhof bilden die historischen Grabstätten mit ihren Hochkreuzen eine Art Allee, die mittlerweile mehrere Lücken aufweist.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Bei einem Spaziergang über den Büdericher Friedhof, der in den 1830er Jahren entstand, erläutert er sein Anliegen. Dort gibt es beispielsweise eine Allee, die von Grabmälern mit so genannten Hochkreuzen dominiert wird. Die Grabstätten der Familien Kothes, Hülser und Huthmacher mit Daten mehrerer Generationen sind dort zu finden. Aber auch immer wieder Lücken, wo Gräber nach ihrer Laufzeit aufgegeben wurden, und Grabsteine neueren Datums, wenn die Grabstelle neu verpachtet wurde. "So geht nach und nach das Ensemble verloren", befürchtet Kunze. Denn wenn ein Grab abläuft, entfernt ein Steinmetz den Grabstein, es sei denn, die Belegungszeit wird verlängert oder es findet sich ein Pate, der den alten Stein übernimmt. "Ich bin auf das Thema aufmerksam geworden, als ich feststellte, dass der Grabstein der Familie Mertens, der sich in der Nähe der Grabstelle meines Opas befand, mit einem Mal weg war", erzählt der Geschichtslehrer.

Dabei könnte dieser Grabstein heute noch so einiges erzählen. Fünf Mitglieder der Familien Mertens, die in Lank an der Pfarrstraße eine Mühle besaß, wurden drei Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner am 26. Februar 1945 bei einem Bombenangriff getötet.

 Mike Kunze an der Grabstätte der Familie Wienen, der vom Leid des Krieges erzählt. Die Eltern holten die sterblichen Überreste ihres gefallenen Sohn Mauritius mit einem Pferdewagen vom Soldatenfriedhof bei Sedan.

Mike Kunze an der Grabstätte der Familie Wienen, der vom Leid des Krieges erzählt. Die Eltern holten die sterblichen Überreste ihres gefallenen Sohn Mauritius mit einem Pferdewagen vom Soldatenfriedhof bei Sedan.

Foto: Dackweiler

Auch die Grabstätte der Familie Wienen aus Büderich erzählt vom Leid des Krieges. Sohn Mauritius, erst 22 Jahre alt, fiel im Ersten Weltkrieg bei Sedan und wurde zunächst dort auf einem Soldatenfriedhof beigesetzt. Die Eltern holten ihn später samt Grabstein mit einem Pferdewagen in die Heimat zurück. Sie überlebten ihn nur um wenige Jahre.

Eines der imposantesten Grabmale in Büderich ist die Grabstätte der Familie Werhahn. Johannes Andreas Werhahn kaufte im Zuge der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts den Dyckhof, der sich seitdem ununterbrochen in Familienbesitz befindet. 28 Familienmitglieder, darunter der Pfarrer Franz Werhahn, sind auf dem Büdericher Friedhof beerdigt. Für drei gefallene des Ersten Weltkriegs - Franz (28 Jahre), Johannes (21 Jahre) und Hugo (20 Jahre) - befindet sich zudem eine Gedenkplatte auf der Grabstätte, die mit einer kleinen Steinmauer eingefasst ist.

Mike Kunze hat in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz einen Antrag an den Kulturausschuss formuliert, bestimmte Bereiche der alten Meerbuscher Friedhöfe und historisch interessante Grabsteine unter Schutz zu stellen. Dazu gehören auch künstlerisch gestaltete Grabsteine wie der das Ehepaares Mataré von Karl Franke oder das Grabmal von Schauspielerin Ruth Niehaus von Joseph Beuys. Für erhaltenswerte Grabsteine könnte ein bestimmter Platz auf dem Friedhof ausgewiesen werden, schlägt Kunze vor.

(RP)
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