Kreis Mettmann Abgeordnete haben ihren Orden sicher

Kreis Mettmann · Bundestagsabgeordnete können eher ein Bundesverdienstkreuz erhalten als "normale" Bürger.

Kurz vor Weihnachten hat Bundespräsident Joachim Gauck die hiesige Bundestagsabgeordnete Michaela Noll mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Damit werde das gesellschaftspolitische Engagement der Politikerin aus Haan gewürdigt, hieß es in der Begründung. Noll ist seit 2002 Mitglied des Bundestages. 2009 wurde sie Justiziarin und 2010 schließlich Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion. Daneben ist Noll Schirmherrin für eine ganze Reihe von sozialen Projekten.

Das Bundesverdienstkreuz ist die "höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik Deutschland für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht", heißt es in den Ausführungsbestimmungen: "Es sind Verdienste, die in der Regel unter Zurückstellung der eigenen Interessen über einen längeren Zeitraum mit erheblichem Einsatz erbracht wurden. Eine einzelne Leistung genügt im Allgemeinen nicht." Knut Bergmann vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat 2016 nachgerechnet: In NRW, dem Bundesland mit den meisten Einwohnern, wurden im Zehn-Jahres-Schnitt von 2003 bis 2012 jährlich nur 849 Bundesverdienstorden angeregt: "Bei einer Gesamtbevölkerung von fast 18 Millionen heißt das, dass gerade einmal 0,005 Prozent der Bevölkerung per anno vorgeschlagen wurden." Deutlich mehr als die Hälfte wurden auch ausgezeichnet. Bundestagsabgeordnete haben da deutlich bessere Chancen, Ordensträger zu werden. Denn für sie gibt es ein festes Orden-Kontingent, bestätigt Esther Uleer, Vize-Sprecherin des Bundespräsidenten. Pro Legislaturperiode (vier Jahre) werden "etwa fünf Prozent" der Abgeordneten ausgezeichnet. Die Fraktionen schlagen dem Bundestagspräsidenten Abgeordnete für die Auszeichnung vor. Dieser leitet die Vorschläge an den Bundespräsidenten weiter. Diese Praxis sei 1998 unter Bundestagspräsident Roman Herzog (CDU) eingeführt worden, so das Bundespräsidialamt. Alle Nachfolger hätten daran festgehalten. Voraussetzung für eine Auszeichnung sei "eine langjährige Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag, Wahrnehmung herausgehobener parlamentarischer Ämter oder Funktionen in den Fraktionen sowie erhebliches ehrenamtliches Engagement". Mit der Beschränkung der Verdienstorden auf etwa fünf Prozent der Bundestagsmandate pro Legislaturperiode wurde auch "die in der Öffentlichkeit vorhandene Kritik in den Blick genommen, dass Politiker und Mandatsträger gegenüber anderen Bereichen der Gesellschaft bevorzugt würden", erläutert Uleer. Verfassungsrechtler und Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim sieht das anders. Er geißelte schon 2010 diese Regelung als eine "absolute Anmaßung" und eine "ganz neue Form der Selbstbedienung". Bundespräsident Gauck hat in seiner Amtszeit bis zum heutigen Tag 7709 Verdienstorden verliehen, darunter 53 an Bundestagsabgeordnete. Dabei wurde auch der Parteienproporz berücksichtigt: 22 Orden gingen an CDU-Mitglieder, 17 an SPD-, fünf an CSU-, jeweils vier an FDP und Grüne sowie ein Verdienstkreuz an die Linke. Seit 1951 sind mehr als 255.000 Verdienstorden verliehen worden. Die Vergabepraxis sei restriktiver geworden, betont Esther Uleer: "Auszeichnungen alleine aufgrund der bestimmten Dauer eines ehrenamtlichen Engagements, einer Funktion oder beruflicher Verdienste wurden stark eingeschränkt." Nach 1994 ist die Zahl der Ordensverleihungen deutlich zurückgegangen. Bundespräsident Joachim Gauck hat die wenigsten Verdienstkreuze (7709 bis heute) verliehen.

(RP)
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