Weihnachten Hören Als aus Glocken fast Kanonen wurden

Mettmann · Im Zweiten Weltkrieg sollten die Glocken von St. Lambertus eingeschmolzen werden. Nach dem Krieg wurden sie in Hamburg wieder gefunden und zurück nach Mettmann gebracht. Früher wurde mit den Glocken vor Sturm und Feuer gewarnt.

 Von der im 12. Jahrhundert erbauten großen romanischen Kirche St. Lambertus existieren heute noch der Turm, vier Glocken und das Taufbecken. Herbert Füngers kümmert sich im Kirchenvorstand um die Sicherheit.

Von der im 12. Jahrhundert erbauten großen romanischen Kirche St. Lambertus existieren heute noch der Turm, vier Glocken und das Taufbecken. Herbert Füngers kümmert sich im Kirchenvorstand um die Sicherheit.

Foto: Dietrich Janicki

METTMANN Sie lassen Jahrhunderte anklingen. Wenn wir sie heute läuten hören, können wir uns an so vieles erinnern, was in dieser Zeit die Stadtgeschichte geprägt hat. Und auch daran dürfen wir denken: Dass uns die Glocken von St. Lambertus mit ihrem Klang erfreuen, gleicht einem Wunder.

 Nach dem Krieg wurde die Glocke wieder nach Mettmann zurückgebracht. Die Bevölkerung nahm regen Anteil.

Nach dem Krieg wurde die Glocke wieder nach Mettmann zurückgebracht. Die Bevölkerung nahm regen Anteil.

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Denn als sie zu Kriegszeiten auf dem Hamburger "Glockenfriedhof" landeten, schienen ihre Tage gezählt zu sein. Dort warteten sie in den 1940er Jahren darauf, "fürs Vaterland" eingeschmolzen zu werden Diesem Schicksal entronnen, fand man sie nach den Kriegswirren auf besagtem Glockenfriedhof, um sie dann inmitten eines Mettmanner Freudentaumels wieder im Glockenturm von St. Lambertus zu beherbergen.

Zurückgeblieben war damals nur eine von ihnen, um die Kirche nicht gänzlich ohne Glocke zu lassen. Und dennoch war es in dieser ohnehin bedrückenden Zeit still geworden rings um St. Lambertus. Es fehlte einfach, das harmonische Miteinander inmitten der Glockenfamilie, in der jede ihren Platz und ihre Aufgabe hatte. So wie die Lambertus-Glocke, die mit ihren beinahe 600 Jahren eine der ältesten Glocken des Bergischen Landes sein dürfte. Bald schon schlug sie gemeinsam mit der Anna-Glocke, deren Inschrift aus dem Jahre 1505 der Heimatforscher Karl Korn in der Medamana so zitiert: "Getauft bin ich, denn ich heiße Anna. Ich preise den wahren Gott, rufe das Volk, versammle die Priester, verscheuche die bösen Geister und Gewitter, vor mir fliehen die Räuber."

Mit einer derart langen Auftragsliste ausgestattet, dürfte die gute Anna damals wohl kaum zur Ruhe gekommen sein. Mit ihr aufnehmen konnte es nur die Sturmglocke, die vor 300 Jahren als dritte im Bunde angeschafft wurde, um Alarm zu schlagen. Sie läutete immer dann, wenn es irgendwo brannte und die Feuerwehr alarmiert werden musste. Gewidmet war sie unter anderem dem Mettmanner Amtsrichter Sigismund Schwarz, der mit einem der letzten Hexenprozesse im Rheinland von sich Reden gemacht hatte.

Als man mit der Sturmglocke gerade die schwerste Glocke in den Lambertusturm gehievt hatte, folgte wenig später noch die AVE-Glocke. Als "Leichtfuß" unter den drei Schwergewichten läutete sie fortan morgens den Tag ein, um ihn abends mit ihrem Geläut ausklingen zu lassen.

Bis zum Jahre 1972 wurden die Glocken in St. Lambertus übrigens noch mit der Hand geläutet. Es konnte ein schweißtreibendes Amt sein, stundenlang im staubigen Kirchturm an den schweren Glockenseilen zu ziehen. In der Läuteordnung war vorgeschrieben, welche Glocke wann ihren Dienst zu tun hatte. Mittlerweile ist es vor allem der Gottesdienst, zu dem ihr Läuten die Gemeinde unter dem Kirchendach zusammenruft.

"Ihr Klang ist immer noch wunderbar", schwärmt Regionalkantor Matthias Röttger vom Geläut der Glockenfamilie. Und wenn sie uns heute zum Heiligen Abend auf besinnliche Tage einstimmt, so ist das auch eine Einladung zum Innehalten in einer lärmenden Zeit.

(magu)
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