Mettmann Bauleiter verurteilt

Düsseldorf · Im August 2007 wurde ein neunjähriger Junge in Mettmann von einem herabstürzenden Kanalrohr am Kopf getroffen und getötet. Das Gericht verurteilte den Leiter der Baustelle wegen fahrlässiger Tötung.

Zweieinhalb Jahre nach dem schrecklichen Unglück an der Südstraße, bei dem der damals neunjährige Marc durch ein herabstürzendes Kanalrohr so schwer verletzt wurde, dass er wenig später an den Folgen starb, sind gestern im Amtsgericht Mettmann die Urteile gesprochen worden. Der Bauleiter T. des Unternehmens, das Kanalrohre verlegt hatte, wurde wegen fahrlässiger Tötung zu acht Monaten verurteilt. Die Anklage gegen ihn habe sich in vollem Umfang bestätigt, so das Gericht. Die Freiheitsstrafe wurde zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er 2500 Euro an den Kinderschutzbund Mettmann zahlen.

Der Baggerführer R. wurde freigesprochen, das Verfahren gegen den Chef der Baufirma wurde zu Beginn des zweiten Prozesstages eingestellt. Allerdings wurde er laut Beschluss verpflichtet, 5000 Euro an den Zwillingsbruder von Marc zu zahlen. Der Bruder, der Zeuge des Unglücks war, leidet noch immer unter Folgen des Unglücks. Der Verteidiger von T. hatte für seinen Mandaten Freispruch gefordert. Oberamtsanwältin Antje Rauh, als Vertreterin der Staatsanwaltschaft, hatte für T. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung und die Zahlung von 7500 Euro zugunsten der Familie von Marc gefordert.

Auf dem Rohr balanciert

In der Begründung des Urteils ging die Vorsitzende Richterin Anna Maria Nolten noch einmal auf die schrecklichen Ereignisse des 25. August ein. Marc spielt am frühen Samstagnachmittag mit Freunden auf der ungesicherten Baustelle an der Südstraße. Er balanciert auf einem Stahlbeton-Rohr herum, das auf einem Röhrenstapel liegt.

Seine Spielkameraden, die das sehen, fordern ihn auf, von dem Rohr zu steigen. Marc kommt plötzlich ins Stolpern und fällt rücklings auf den Bürgersteig. Gleichzeitig löst sich das 620 Kilogramm schwere und 2,58 Meter lange Rohr, fällt vom Stapel, rollt auf den Bürgersteig und trifft Marc am Kopf. Der Junge erleidet schwerste Kopfverletzungen und stirbt wenig später.

In dem Prozess ging es um die Frage, ob der Röhrenstapel richtig gelagert und ausreichend gesichert war. Auch wurde die Frage nach der Absicherung der Baustelle beziehungsweise des Baulagers an der Südstraße erörtert. Bauleiter T. hatte vom Chef der Firma die Verantwortung der Baustelle übertragen bekommen. Und er veranlasste das Aufschichten der Stapel und war selbst mit bei dieser Arbeit dabei.

Während drei Röhrenstapel so gelagert waren, dass die Muffe eines Rohres und die Spitze eines anderen Rohres gegeneinander stießen — also verkantet lagen — waren bei dem vierten Stapel die Rohre so aufgeschichtet, dass alle Spitzen in Richtung Südstraße zeigten und die Muffen zur Baustelle lagen. Das heißt: Sie waren leicht abschüssig gestapelt, so die Richterin.

Das Unfallrohr lag quer auf dem Stapel. Es konnte im Prozess nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob die beiden je 28 Kilogramm schweren Gummifüße, mit denen das oberste Rohr abgesichert worden war, bereits vor dem Unglück entfernt worden waren (einer lag beim Eintreffen der Polizei mehrere Meter entfernt), oder ob sich ein Fuß während des Falls gelöst hatte (er lag nach dem Unglück in dem Stapel). Unterschiedliche Aussagen gab es von den Gutachtern, ob solche zehn Zentimeter hohen Gummifüße, mit denen Bauzäune befestigt werden, überhaupt als Sicherungsschutz für ein 620 Kilogrammschweres Rohr ausreichen.

T. habe als erfahrener Bauleiter erkennen müssen, so die Vorsitzende Richterin, dass die Rohre nicht sicher gelagert gewesen seien. Er habe ein hohes Maß an Fahrlässigkeit und Pflichtverletzung gezeigt und die erforderliche Sorgfaltspflicht missachtet.

Strafmildernd wertete die Richterin, dass das Unglück zweieinhalb Jahre her sei, der Bauleiter vorher und nachher unbescholten gewesen sei und er seit dem Tod von Marc unter einer erheblichen psychischen Belastung leide.

(RP)
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