Thomas Müller Bei einer Fünf brauchen Kinder Trost

Mettmann · Kreis Mettmann Am Freitag gibt es Zeugnisse. Die meisten Kinder sind schon ganz hibbelig vor Aufregung. In manchen Familien hängt der Haussegen schief, wenn dort keine guten Noten, sondern vieren oder fünfen stehen. Wie man mit schlechten Schul-Leistungen der Kinder umgehen kann, erklärt Diplom-Psychologe Thomas Müller (53), Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, die für Langenfeld und Monheim zuständig ist.

 Thomas Müller rät Eltern zu mehr Gelassenheit.

Thomas Müller rät Eltern zu mehr Gelassenheit.

Foto: Matzerath

Kreis Mettmann Am Freitag gibt es Zeugnisse. Die meisten Kinder sind schon ganz hibbelig vor Aufregung. In manchen Familien hängt der Haussegen schief, wenn dort keine guten Noten, sondern vieren oder fünfen stehen. Wie man mit schlechten Schul-Leistungen der Kinder umgehen kann, erklärt Diplom-Psychologe Thomas Müller (53), Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, die für Langenfeld und Monheim zuständig ist.

Herr Müller, bald gibt es Zeugnisse. Wie haben Sie die Übergabe früher als Schüler erlebt?

Müller Das war für mich keine komplizierte Sache, weil ich von meinen Eltern nie Druck bekommen habe. Dabei war ich zwischenzeitlich gar nicht so gut in der Schule. . .

Gab es bei Ihnen zu Hause eine Belohnung für gute Noten und Strafen für ein schlechtes Zeugnis?

Müller Weder noch. Meistens habe ich zum Ende des Schulhalbjahres fünf Mark bekommen. Die Summe war aber nicht abhängig von meinen Leistungen, sondern eher eine Anerkennung für das Durchhalten.

Sind Eltern heute anspruchsvoller geworden?

Müller Viele Väter und Mütter sind nervöser als in früheren Jahren. Ihr Notenspektrum ist häufig auf die Spannbreite zwischen eins und drei begrenzt. Alles andere ist dann in ihren Augen nicht mehr akzeptabel. Andere wiederum resignieren und schalten ab. Sie überlassen es dann den Kindern, mit der Schule zurecht zu kommen. Wieder andere sind sehr agil, um ihren Nachwuchs vor Unbill zu bewahren und fördern ihn aus Leibeskräften.

Statt bei schlechten Noten ein Donnerwetter loszulassen - was hilft wirklich?

Müller Wutausbrüche vor den Kindern sind nicht hilfreich. Eltern sollten in mehreren Schritten denken. Wichtig ist es, zunächst mit dem Sohn oder der Tochter zu reden und die Leistungen anzuerkennen. Man sollte Kinder dafür loben, dass sie in der Schule lernen. Und sie brauchen Trost, wenn es nicht so gut läuft. Die Kinder leiden selbst ja auch darunter, auch wenn gerade Jugendliche dies nicht offen zeigen.

Viele suchen erst Rat, wenn zum Schuljahresende kaum noch etwas zu retten ist. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um gegenzusteuern?

Müller Eltern sollten es für sich selber als "Rote Karte" werten, wenn sie zu lange gewartet haben. Wichtig ist es herauszufinden, ob es wirklich Probleme mit dem eigentlichen Lernen gibt und die Kinder beispielsweise überlastet sind. Oder gibt es anderweitige Probleme, etwa Schwierigkeiten in der Klasse. Oder das Kind hat vielleicht keinen guten Draht zu einzelnen Lehrern. Das muss zuerst geklärt werden. Ich rate auf jeden Fall dazu, das Gespräch mit den Lehrern zu suchen.

Schlechte Noten sind nicht immer ein Zeichen von Faulheit oder Unvermögen. Manchmal stecken ganz andere Probleme dahinter. Wie finden Sie die heraus?

Müller Auch "Faulheit" hat ihre Gründe und fällt nicht vom Himmel. Wir sprechen zunächst mit den Eltern. Anschließend machen wir mit den Kindern eine Diagnostik. Die Kinder erzählen aus ihrem Alltag, malen etwas und stellen mit Figuren wichtige Situationen dar. Hierüber erfahren wir, was sie psychologisch belastet. Natürlich gucken wir auch, ob die Kinder nicht durch die Schule überfordert sind. Auf Wunsch der Eltern beziehen wir die Lehrer mit ein und suchen dann gemeinsam nach Lösungen.

(pc)
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