Kreis Mettmann Berater von Pro Familia haben neue Klientinnen

Kreis Mettmann · In den Heimen und Unterkünften im Kreis Mettmann leben viele geflüchtete Frauen, die schon Kinder haben. "Viele wollen aber keine weiteren Kinder mehr", sagt Dr. Anne Wichmann. Die Ärztin arbeitet seit Oktober vergangenen Jahres in der Beratungsstelle von Pro Familia in Mettmann mit, die zuständig für den Kreis ist.

Eines ihrer ersten Projekte war eine Sprechstunde für Flüchtlinge in einer Unterkunft in Velbert. "Viele geflüchtete Frauen sind nicht ausreichend aufgeklärt", sagt Anne Wichmann. In jeweils halbstündigen Einzelgesprächen mit Hilfe eines Dolmetschers erfuhr sie viel aus dem Leben der nach Deutschland geflohenen Frauen. Mit im Gepäck hatte sie die Pille oder die Spirale, damit die Frauen künftig verhüten können. "Die Frauen waren sehr dankbar für diese Sprechstunde", sagt Wichmann, "einige haben sogar gesagt, das sei wie ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk." Die Sprechstunde möchte Pro Familia auch weiterhin anbieten.

"Geld vom Land, mit dem wir die Pille oder die Spirale finanzieren können, haben wir aber leider nicht immer", sagt Andreas Müller, der seit mehr als 26 Jahren die Beratungsstelle in Mettmann leitet. Nach wie vor stark nachgefragt ist am Standort in Mettmann die Schwangerenberatung. "Wir haben gemerkt, dass das Elterngeld Plus für viel Verwirrung sorgt", sagt Nora Diecks, die sich bei Pro Familia unter anderem um dieses Themenfeld kümmert. Immer mehr Väter nutzten die Möglichkeit, in Elternzeit zu gehen, aber auch alleinerziehende Frauen nutzen das Angebot, das Elterngeld mit einer Teilzeitbeschäftigung zu kombinieren. "Bei der Vielzahl der Möglichkeiten verliert man schnell den Überblick", sagt Nora Dieks, "da helfen wir gerne."

Helfen ist auch die Aufgabe, wenn es um die gesetzlich vorgeschriebene Beratung für Frauen geht, die ihr Kind abtreiben wollen. 290 Frauen haben sich deshalb 2016 beraten lassen, Termine sind oft sehr kurzfristig möglich. Die Verantwortung sich für oder gegen eine Schwangerschaft zu entscheiden, bringt viele Frauen in eine emotional sehr belastende Situation. "Wie viele Frauen die Schwangerschaft nach der Beratung tatsächlich abgebrochenhaben, wissen wir nicht", sagt Nora Diecks. Es gebe aber immer mal wieder Frauen, die später mit ihrem Kind in der Beratungsstelle vorbeischauen.

Beratung rund um das Thema Sexualität und Verhütung, das bietet Andreas Müller auch an den Schulen im Kreisgebiet an. "In den vergangenen Jahren werden wir immer mehr für sechste Klassen angefragt", sagt Müller. Aus seiner täglichen Arbeit weiß er, dass heute schon einige Sechstklässler regelmäßig Pornofilme ansehen. Aus seiner Sicht liegt da die Verantwortung bei Schule und Eltern. "Es sollte an den Schulen ein Fach Medienkompetenz geben." Aber auch die Eltern seien in der Pflicht. Mit entsprechenden Programmen sind Sex-Seiten im Internet aus dem heimischen Netzwerk für Minderjährige nicht erreichbar. Immer dabei hat Müller seinen Koffer, um den Schülern verschiedene Verhütungsmethoden zu zeigen.

(RP)
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