Mettmann/Wuppertal Ex-Geschäftsführer von B&S bleibt mit Angstzuständen in der Türkei

Mettmann/Wuppertal · Es geht um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Der ehemalige Geschäftsführer von B&S Automotive legte nun ein Attest einer türkischen Privatklinik vor. Doch das Gericht will die Flugtickets sehen.

Richter und Schöffen, Staatsanwalt, Verteidiger: Alle Prozessbeteiligten warten nun schon zum zweiten Mal geduldig auf ihren Stühlen. Dazu auch noch zwei Steuerfahnder, die dem Angeklagten - der sich eigentlich wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor dem Wuppertaler Landgericht verantworten sollte - wohl einiges vorzuhalten hätten. Noch ist nicht klar, ob und wann das jemals möglich sein wird.

Denn auch dieser Verhandlungstag begann ohne den Angeklagten. Der war auch diesmal wieder nicht gekommen - stattdessen verlas Richter Holger Jung einen Attest zu dessen Verhandlungsunfähigkeit und unterbrach den Prozess erneut. Weitergehen soll es nun in vier Wochen. Ob der Angeklagte dann erscheinen wird? Fraglich.

Während man hier in Deutschland auf ihn wartet, ließ sich der 48-Jährige in einer Privatklinik in der Türkei eine "Posttraumatische Belastungsstörung" attestieren. Dazu machen es ihm offenbar schwere Depressionen unmöglich, sich seiner Verantwortung vor Gericht zu stellen. Angstzustände hat er offenbar auch, das ergibt in der Summe: Reiseunfähig, arbeitsunfähig, verhandlungsunfähig: Das Leben des Angeklagten scheint an einem Tiefpunkt angelangt zu sein. "Ein solches Attest wirft Fragen auf." Mit deutlichen Worten äußerte der Vorsitzende Richter seinen Unmut gegenüber den Verteidigern. Warum ist das Attest auf den ersten Verhandlungstag datiert? Hätte der Angeklagte da nicht längst in Wuppertal sein müssen? Was wäre gewesen, wenn der behandelnde Psychiater zu einer anderen oder gar keiner Diagnose gekommen wäre?

Fragen über Fragen, die auch seine Anwälte nicht beantworten konnten. Sie scheinen zwar im Kontakt mit ihrem Mandanten zu stehen, genaues können aber auch sie nicht sagen. Immerhin wollen sie nun ein Flugticket vorlegen, um nachzuweisen, dass der Angeklagte durchaus die Absicht gehabt habe, sich pünktlich zum Prozessauftakt auf den Weg zum Landgericht zu machen.

Die Kammer wiederum will nun einen Sachverständigen hinzuziehen, um zu klären, womit man in Anbetracht der psychiatrischen Diagnosen zu rechnen habe. Geht es um Tage, Wochen oder Monate? Darf überhaupt mit der Fortsetzung der Verhandlung gerechnet werden? Auf die Antworten darf man gespannt sein.

Hintergrund: Dem Angeklagten wird Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vorgeworfen. Nachdem die Firma Meckenstock im Jahre 2005 Insolvenz anmelden musste, wurde das Unternehmen von B&S Automotive übernommen. Mehr als 300 Arbeitnehmer wurden damals entlassen. Zunächst hatte es damals geheißen, alle Arbeitsplätze könnten an einem neuen Standort in Haan erhalten werden. Doch daraus wurde nichts. Die Maschinen wurden abtransportiert und die Türkei verschifft.

(magu)
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