An(ge-)dacht Feiertage - Freie Tage

Mettmann · Was wäre das Kalenderjahr ohne die kirchlichen Feiertage: Wenn sie nicht gerade auf einen Sonntag fallen, bescheren sie Vielen einen arbeitsfreien Tag und eventuell - durch einen "Brückentag" erweitert - die Möglichkeit zu einem Kurzurlaub. Überfüllte Züge, Autobahnen und Flughäfen machen An- und Abreise jedoch nicht immer zu einem reinen Vergnügen. Zugegeben: Als Pastor bin ich nicht wirklich glücklich, wenn ein gutes Teil der Gemeinde zu besonderen Festtagen "on tour" ist und z.B. im Gottesdienst fehlt und sei es "nur" als Sängerinnen und Sänger im Kirchenchor.

Dennoch kann ich mich den Realitäten der heutigen Arbeitswelt und ihrer oft auch familiären Auswirkungen nicht verschließen. Viele sind ausgepowert angesichts von vielfältigem Druck und Mehrfachbelastung. Da kommt jeder Tag recht, der zum Abtauchen einlädt, ob weiter weg oder ganz nah. Gottesdienst? "Muss dann nicht sein", sagen Viele, die sich sonst durchaus in der Kirche sehen lassen. Ich kenne übrigens gar nicht so Wenige, die einen solchen geschenkten christlichen Feiertag wörtlich nehmen: Ein Tag zum Feiern, ohne sich und Anderen neuen Stress machen zu müssen. Feiern, dass Gott Sie und mich anspricht, uns sein Gesicht zuwendet, SEINE "Karten offenlegt" im Zeugnis der Bibel und in der Feier des Glaubens: Was hat ER mit mir vor? Was macht Hoffnung und gibt Gelassenheit? Worauf kann ich zählen? Was ist wirklich wichtig? Was gibt Mut zur Zukunft? Kirchenfeste geben darauf ihre je eigene Antwort, nicht nur an Weihnachten und Ostern.

Martin Luther, der in diesen Tagen in seine "Heimatstadt" Wittenberg zum Evangelischen Kirchentag einlädt, hat ein treffendes Wort geprägt. Er sprach von der "Freiheit eines Christenmenschen". Trotz aller aufgebürdeten Zwänge leben wir aus der Freiheit.

Dass wir als christlich geprägtes Land viele kirchliche Feiertage auch als staatliche Feiertage erhalten haben, ist Ausdruck von Freiheit und Entlastung. Wenn sie jetzt in rascher Folge auf uns zukommen, diese geschenkten Tage Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, dann darf ich so frei sein, aus der Zusage Gottes zu leben, von IHM angenommen und mit den Augen der Liebe angeschaut und wertgeschätzt zu werden. Jeder von uns ist mehr als seine Arbeitsleistung oder alles, was er durchaus stolz vorweisen könnte. All das ist brüchig, "Stückwerk" wie Kohelet, der Prediger, im Alten Testament sagt.

Feiertage sind freie Tage, Tage innerer Freiheit und Befreiung. Gleichzeitig auch Atempause für äußere Entspannung ... Gern auch beim Besuch der gottesdienstlichen Feier, hier oder unterwegs.

MSGR. HERBERT ULLMANN, PFARRER DER KATHOLISCHEN PFARRGEMEINDE METTMANN

(RP)
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